Unfall zu Hause: Zahlt die gesetzliche Unfallversicherung?

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte am 31.08.2017 darüber zu entscheiden, ob der Sturz im Wohnungsflur der Privatwohnung nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen ist, wenn sich die Geschädigte auf dem Weg zum Waschraum befunden hat, in dem Geschäftswäsche gewaschen wird.

Zum Fall:  Die Klägerin betreibt in ihrem Wohnhaus einen Friseursalon und wäscht in dem Waschraum, getrennt von der Privatwäsche, auch die Geschäftswäsche. Am Unfalltag gegen 23.15 Uhr knickte sie im Wohnungsflur ihrer Privatwohnung vor dem Waschraum mit dem rechten Fuß um, als sie sich auf dem Weg zum Waschraum befand, um Geschäftswäsche aus der Waschmaschine zu holen und diese zum Trocknen aufzuhängen. Sie zog sich hierbei eine obere Sprunggelenksluxationsfraktur rechts zu, welche am Folgetag operativ versorgt werden musste. Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab, weil die Klägerin in ihrer Privatwohnung gestürzt sei und sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem versicherten Weg befunden habe.

Das BSG folgte dieser Rechtsauffassung nicht. Die Klägerin befand sich auf einem versicherten Betriebsweg im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII. Sowohl bei Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit als auch bei einem direkt von der Wohnung aus angetretenen Betriebsweg beginnt die versicherte Tätigkeit allerdings grundsätzlich erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Wohnung des Versicherten befindet.
Wie der Senat zu Beschäftigten mit einem Heimarbeitsplatz (Homeoffice), aber auch früher schon zu Selbständigen entschieden hat, greift die für Betriebswege aufgezeigte Grenzziehung durch die Außentür des Wohngebäudes nicht, wenn sich sowohl die Wohnung des Versicherten und seine Arbeitsstätte im selben Haus befinden. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist dann – entgegen der Auffassung des Landessozialgerichtes (LSG) – nicht der konkrete Umfang der tatsächlichen, objektiven (betrieblichen oder privaten) Nutzung des Wohnungsflurs, in dem sich der Unfall ereignete. Allein der Umstand, dass der Wohnungsflur objektiv sein Gepräge (auch) durch die betriebliche Nutzung der Waschmaschine erhalten hat, vermag das betriebliche Interesse zum Zeitpunkt des Sturzes nicht zu begründen. Ob ein Weg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich vielmehr nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Entscheidend ist daher, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck die Klägerin in dem Moment des Unfalls ausübte.
Nach den bindenden Feststellungen des LSG befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls im Wohnungsflur ihrer Privatwohnung auf dem Weg in den Waschraum, um Geschäftswäsche aus der Waschmaschine zu holen. Dies stellt ein von außen beobachtbares Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit dar, das auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Unternehmerin/Friseurmeisterin im Sinne des § 3 SGB VII gerichtet war, denn das Waschen von Geschäftstextilien gehört zu den Aufgaben, die im Interesse des Unternehmens liegen.

Fazit:  Das BSG führt seine Rechtsprechung zum sogenannten Homeoffice fort (Urteil vom 31.08.2017, Az.: B 2 U 9/16 R): Arbeitsunfälle können sich auch in der Privatwohnung ereignen, wenn ein betrieblicher Zusammenhang im Zeitpunkt des Ereignisses feststellbar ist.

Zurück