Außerordentliche Kündigung nach unberechtigten Strafanzeigen – LAG Sachsen stärkt Arbeitgeberrechte

Arbeitsrecht

Das Sächsische Landesarbeitsgericht bestätigte am 27. Juni 2024 die fristlose Kündigung eines Schwimmmeisters, der gegen Vorgesetzte und Kollegen haltlose Strafanzeigen erstattet hatte. Das Urteil zeigt klare Grenzen für Arbeitnehmer auf, die das Strafrecht als Druckmittel missbrauchen.

Was war passiert? Eskalation nach Arbeitsplatzkonflikt führt zu Strafanzeigen-Serie

Der seit 2006 beschäftigte Fachangestellte für Bäderbetriebe geriet Ende 2021 mit einem Kollegen in Streit. Als die Konfliktbeilegung durch die Vorgesetzte scheiterte, entwickelte sich ein Teufelskreis: Arbeitsunfähigkeit, heimliche Gesprächsaufzeichnungen, Drohungen gegen die Vorgesetzte und deren Familie sowie schließlich über 20 Strafanzeigen gegen Kollegen, Vorgesetzte und sogar den Oberbürgermeister.

Besonders schwerwiegend wertete das Gericht die E-Mails des Klägers an externe Stellen wie den Arbeiter-Samariter-Bund und das Amt für Bildung und Soziales. Darin warnte er vor angeblichen Gefahren für Kinder durch die angezeigten Mitarbeiter – obwohl er selbst einräumte, dass seine Strafanzeigen "keine rechtliche Grundlage" hatten.

So entschied das Gericht: Kündigung bei vorsätzlicher Rufschädigung rechtmäßig

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen sah in den Handlungen des Schwimmmeisters eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Eine kündigungsrelevante erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann in der Erstattung einer Strafanzeige gegenüber dem Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Arbeitskollegen liegen, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer in der Strafanzeige wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat.

Die Richter betonten, dass nicht jede Strafanzeige eine Kündigung rechtfertigt. Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich staatsbürgerliche Rechte wahrnehmen und Missstände anzeigen. Die Grenze ist jedoch überschritten, wenn Strafanzeigen ohne tatsächliche Veranlassung und rechtliche Grundlage gestellt werden oder der Schädigung des Arbeitgebers dienen.

Folgen für die Praxis: Klare Regeln für Strafanzeigen im Arbeitsrecht

Das Urteil verdeutlicht die rechtlichen Rahmenbedingungen für Strafanzeigen gegen Arbeitgeber oder Kollegen:

  • Berechtigte Anzeigen sind geschützt: Wer tatsächliche Straftaten anzeigt, muss keine Kündigung befürchten.
  • Wahrheitsgemäße Angaben sind Pflicht: Wissentlich falsche oder leichtfertig unrichtige Behauptungen können zur fristlosen Kündigung führen.
  • Innerbetriebliche Klärung zuerst: Vor einer Strafanzeige sollten interne Lösungswege versucht werden.

Für Arbeitgeber bestätigt das Urteil, dass sie bei systematischen, unberechtigten Strafanzeigen ohne Abmahnung kündigen können, wenn das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört ist. Die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB von zwei Wochen ab Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen wurde eingehalten.

Für Arbeitnehmer gilt: Strafanzeigen sind kein geeignetes Mittel zur Konfliktlösung am Arbeitsplatz. Auch psychische Erkrankungen schützen nicht vor den Konsequenzen unberechtigter Anzeigen – das Gericht wertete die Eskalation als so schwerwiegend, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar war.
Das LAG Sachsen ließ die Revision nicht zu, womit das Urteil rechtskräftig wurde und als wichtige Orientierung für ähnliche Fälle dient.

Zurück