Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 19. Juli 2017, Az.: VIII ZR 278/16, mit dieser Frage eingehend beschäftigt.
In dem zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein von der in Berlin ansässigen Beklagten einen gebrauchten Pkw über das Internet gekauft. Bereits kurz nach Übergabe des Fahrzeugs reklamierte die Klägerin einen angeblichen Motordefekt. Die Beklagte bot eine Nachbesserung an ihrem Geschäftssitz in Berlin an, was die Klägerin, die in Schleswig-Holstein wohnt, jedoch von einem Transportkostenvorschuss in Höhe von 280,00 Euro bzw. von der Abholung auf Kosten der Beklagten abhängig machte.
Hierauf reagierte die Beklagte nicht, so dass die Klägerin nach Setzung einer Nachfrist die Reparatur selbst durchführen ließ und von der Beklagten entsprechende Kostenerstattung für Reparatur-, Transport- und Reisekosten verlangte.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage jeweils ab.
Dies sah der BGH anders: Aus § 439 Abs. 2 BGB ergebe sich die Verpflichtung des Verkäufers, einem Käufer durch Zahlung eines von diesem angeforderten Vorschusses den Transport der (vermeintlich) mangelbehafteten Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu ermöglichen. Für die Wirksamkeit des Nacherfüllungsverlangens der Käuferin sei es ausreichend gewesen, dass diese zeitnah einen angemessenen Transportkostenvorschuss von dem Verkäufer angefordert hat und alternativ angeboten hat, diesem die Durchführung des Transports selbst zu überlassen.
Grundsätzlich muss ein Nacherfüllungsverlangen gemäß § 439 Abs. 1 BGB auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am Erfüllungsort zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist daher nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen einzulassen, wenn ihm zuvor keine Gelegenheit zur Untersuchung der vermeintlich mangelhaften Sache gegeben worden ist.
Der Käufer kann nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots grundsätzlich schon vorab einen Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen. Der Verbraucher soll nicht wegen drohender finanzieller Belastungen von der Geltendmachung seiner Rechte Abstand nehmen müssen.
Fazit: Im Ergebnis lässt sich meiner Ansicht nach die Kernaussage des BGHs ohne Weiteres auf sämtliche Fälle übertragen, in denen insbesondere aufgrund der Größe der Kaufsache ein einfacher Transport nicht möglich ist, so z. B. beim Sperrgutversand von Haushaltsgroßgeräten.
Hier wird der Käufer künftig die Möglichkeit haben, bei einem (behaupteten) Mangel die Begutachtung durch den Verkäufer von einer Vorschusszahlung bzw. einer Abholung der Kaufsache auf Kosten des Verkäufers abhängig machen zu dürfen. Verweigert der Verkäufer dies, darf der Käufer sogar vom Vertrag zurücktreten. In der Zukunft werden Verkäufer wohl vermehrt vertraglich die Begutachtung vor Ort beim Käufer bzw. den eigenen Transport anbieten.