Fahrerlaubnisentzug – 8 Punkte in Flensburg, und nun?!

Verkehrsrecht

Oft erscheint es aussichtslos, gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens von 8 Punkten im Fahreignungsregister vorzugehen. Das Bundesverwaltungsgericht schiebt einer gängigen Praxis der Behörden nun einen Riegel vor.

Wer acht Punkte sammelt, ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen

Hat man 8 Punkte im Fahreignungsregister, gilt man als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, weshalb die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Das geschieht nicht automatisch, sondern muss durch die zuständige Behörde durch Verwaltungsakt erfolgen. Oftmals liegt aber ein langer Zeitraum zwischen dem Erreichen von 8 Punkten und der Entziehung der Fahrerlaubnis. Gab es da nicht so etwas wie „Verjährung“ von Punkten?

Punkte und deren Löschung

Den meisten ist bekannt, dass Eintragungen bzw. Punkte in Flensburg durch Zeitablauf gelöscht werden. So gilt, dass eine 1-Punkte-Eintragung nach zweieinhalb Jahren, eine 2-Punkte-Eintragung nach fünf Jahren und eine 3-Punkte-Eintragung nach zehn Jahren getilgt wird. Die Frist beginnt immer mit Rechtskraft der Entscheidung zu laufen. Nach Ablauf der sogenannten Tilgungsfrist bleiben die Eintragungen noch ein Jahr gespeichert, bevor sie endgültig gelöscht werden. Sie befinden sich in dieser Zeit in der sogenannten Überliegefrist.

Tattagprinzip vs. absolutes Verwertungsverbot

Was ist nun aber, wenn sich das Punktekonto zum Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Behörde bereits reduziert hat? Offensichtlich gehen die Fahrerlaubnisbehörden davon aus, dass eine nachträgliche Löschung egal sei. Wer 8 Punkte erreicht, ist ungeeignet und gehört aus dem Verkehr gezogen.
Die Oberverwaltungsgerichte beantworten die Frage aber unterschiedlich. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen stärkt bspw. bis dato den Behörden den Rücken und winkt deren Praxis als rechtmäßig durch. Der Tattag sei entscheidend, auch wenn zum Zeitpunkt der Entziehung keine 8 Punkte mehr bestehen.

Zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden (BVerwG 3. Senat, Urteil vom 18.06.2020, Az.: 3 C 14/19). Der Kläger ging gerichtlich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis vor. Bei Erlass der Entziehung hatte er keine 8 Punkte mehr im Fahreignungsregister. Die Behörde war aber der Auffassung, dass es ausreichend sei, dass er ehemals 8 Punkte hatte und damit dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen unterstellt werde. Das Verwaltungsgericht schloss sich der Auffassung der Behörde an und wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob der Verwaltungsgerichtshof München die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und den Entziehungsbescheid auf. Die Behörde legte Revision ein, weshalb das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied zugunsten des Klägers und bestätigte die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs. Das Gesetz könne nur so verstanden werden, dass eine gelöschte (oder zu löschende) Eintragung nicht zum Zweck der Beurteilung der Fahreignung nachteilig vorgehalten werden dürfe. Der Gesetzgeber habe eigens zur Vermeidung taktischer Rechtsmittel die Überliegefrist vorgesehen. Ist diese abgelaufen und die Eintragung gelöscht, besteht ein absolutes Verwertungsverbot.

Bedeutung für die Praxis

Ob sich die Entziehungspraktik der Fahrerlaubnisbehörden ändert, bleibt abzuwarten. Jedenfalls zeigt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einmal mehr, dass man die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ungeprüft über sich ergehen lassen sollte.

Wir unterstützen Sie gerne und prüfen, ob die Behörde rechtmäßig gehandelt hat.

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