Justitia – Göttliche Gerechtigkeit

Themis, Lady Justice, Sancta Justicia … diese und einige weitere Namen trägt die römische Göttin, die rund um den Globus als Wahrzeichen der Gerechtigkeit bekannt ist und verbindet dabei problemlos Weltliches mit Göttlichem.

Den Anfang hat ihre steile Karriere bereits im antiken Griechenland genommen. In der dortigen Mythologie war sie als die Titanin Themis bekannt und wurde als Göttin der Gerechtigkeit verehrt. Sie war die Verkörperung von Recht und Ordnung.

Ihre drei heutigen Insignien – Waage, Augenbinde und Schwert – bekam sie jedoch erst als römische Göttin Justitia. Doch warum trägt sie das alles mit sich herum?

Historische Entwicklung

Die heute gängige Interpretation unterlag ebenso wie die Symbolik selbst einem stetigen Wandel. Bei den Griechen versprach Themis die ausgleichende Gerechtigkeit. Diese wurde von den Göttern initiiert und musste nicht erst durch einen Herrscher hergestellt werden. Die Römer verlangten nach einer absoluten Gerechtigkeit, die einen sanktionierenden Aspekt beinhaltet. Bei diesem Ansinnen ist es bis heute geblieben. Früher wurde die absolute Gerechtigkeit durch den jeweiligen Herrscher, später dann durch das Rechtswesen gefunden.

Unterstützt wurde Justitia bei ihrer Suche nach Gerechtigkeit zunächst durch eine Waage mit perfekt ausbalanciertem Balken und ein Füllhorn. Letzteres sollte den Reichtum gleichmäßig an alle verteilen. Zuweilen hielt sie den Ölzweig des (Rechts-)Friedens in den Händen. Manchmal trug sie aber lieber ein Buch, welches zum einen für ihre Weisheit sprechen sollte oder auch den stetigen Wandel des Rechts abbildete, der stets vor dessen Anwendung beachtet werden muss. Am besten gefallen hat ihr aber scheinbar das Schwert, das sie bis heute in der rechten Hand hält.

Ersatzlos abgelegt hat sie hingegen ihre Tiere. Zum Teil wurde Justitia nämlich auf eine Schildkröte gestellt, um deutlich zu machen, dass alles seine Zeit braucht. Es gibt Darstellungen, in denen sich eine Schlange um ihre Füße windet – die animalische Version der Doppelzüngigkeit und der Gefahr von Lügen, welche ein Verfahren beeinträchtigen könnten. Ab und zu hat sie sich deshalb auf die Schlange gestellt, um ihren Sieg gegen das Böse zu demonstrieren.

Auch wenn nichts als die nackte Wahrheit zählt und daher gelegentlich gänzlich auf ihr Gewand verzichtet wurde, trifft man sie meistens in einer weißen Tunika. Schmuck braucht sie aber nicht mehr. Das Diadem, welches die Zugehörigkeit zu den Göttern demonstrierte, ist verschwunden. Ihr Gesichtsausdruck ist aber unverändert erhaben und beinahe immer ernst, da ihr die enorme Bedeutung der Lage bewusst ist. Es gibt nur wenige lächelnde Abbildungen.

Die Augenbinde bekam sie während der Renaissance zu Schmähzwecken verpasst, um die Blindheit des Gesetzes zu verspotten. Ihre Unparteilichkeit wurde nämlich ursprünglich durch Blindheit dargestellt. Es fand dann jedoch eine Umdeutung zur heutigen Symbolkraft hin statt.

Darstellung Heute

Nach wie vor wird sie gerne in einer erhöhten Position zur Schau gestellt, da die Gerechtigkeit über allem stehen soll. Und seit dem Mittelalter unverändert präsentiert sie dabei Waage, Schwert und Augenbinde.

Die Waage in der Linken hilft ihr als sensibles Messinstrument bei der richtigen Abwägung und Ausgewogenheit des Urteils.

Beweis und Anschuldigung
Motiv und Alibi
Recht und Unrecht
Schuld und Strafmaß
Segen und Verderben

Während der Balken früher stets waagerecht abgebildet wurde, um eine Voreingenommenheit auszuschließen, ist er heute zu einer Seite hin leicht geneigt. Damit wird dem Verfahrensgrundsatz „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten, Rechnung getragen. In welche Richtung die Waagschalen kippen, hängt vom Inhalt der Hauptverhandlung ab.

Die Augenbinde sorgt für die nötige Unabhängigkeit, Objektivität und Fairness – egal welches Ansehen die Person genießt, welchem Stand sie auch angehört, alle werden gleich und gerecht abgeurteilt. Dabei werden einzig die zusammengetragenen Fakten zugrunde gelegt und die Handlungen werden beurteilt.

Das Richtschwert symbolisiert die nötige Härte der gefundenen Strafe. Es besiegelt das Urteil und setzt das Recht tatkräftig durch. Es gibt zweischneidige wie auch stumpfe Schwerter, die mal warnend erhoben, mal mit der Spitze auf den Boden gerichtet dargestellt werden. Je nachdem ob eine Endgültigkeit der Entscheidung symbolisiert werden soll.

Zu guter Letzt darf man nicht außer Acht lassen, dass Justitia eine Frau ist. Obwohl die Rechtsprechung früher allein den Männern oblag, ist die idealisierte Verkörperung der Gerechtigkeit weiblich. Es bleibt abzuwarten, wie sie sich uns in den nächsten Jahrhunderten präsentiert.

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