Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte aufgepasst – Nachzahlungen zur Sozialversicherung drohen!

Das BSG hat mit einer weiteren Entscheidung am 28.06.2022 (Az.: B 12 R 4/20 R) entschieden, dass auch Rechtsanwälte im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft versicherungspflichtig beschäftigt sein können, wenn sie über keine gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verfügen, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu gestalten. Dies ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn eine Mehrheit an den Gesellschaftsanteilen gehalten wird oder eine Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist.

In der Entscheidung wurde nochmals klargestellt, dass auch für Rechtsanwälte als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft die gleichen Maßstäbe für die Bewertung einer Tätigkeit gelten.

Einen Widerspruch zu den Regelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung sieht das BSG nicht, die dortigen Regelungen würden lediglich die fachliche Unabhängigkeit der Rechtsanwälte in ihrer anwaltlichen Tätigkeit festlegen.

Die ausdrückliche Regelung über die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte und das Verbot von Einflussnahmen durch Weisungen würde eine Eingliederung und Weisungsunterworfenheit als Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht kategorisch ausschließen.

Auch bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft, ebenso wie bei anderen beruflichen Zusammenschlüssen – etwa in einer Partnerschaft oder BGB-Gesellschaft – könne es durchaus vorkommen, dass die Berufskollegen für die Berufsausübung Vorgaben machen. An dieser Einordnung würde sich auch durch die Vorgaben an die berufliche Unabhängigkeit in der Berufsordnung der Rechtsanwälte nichts ändern.

Geklagt hatten 5 Rechtsanwälte, die ursprünglich jeweils 20 % der Gesellschaftsanteile gehalten haben, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wurden mit einfacher Mehrheit gefasst.

Sozialversicherungspflicht auch für Steuerberater und andere freie Berufe?

Bereits mit einer Entscheidung vom 07.07.2020 (Az.: B 12 R 17/18 R) hat das BSG für eine Steuerberatungsgesellschaft entschieden, dass auch die Qualifikation der freiberuflichen Tätigkeit als Steuerberater nicht verhindert, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, soweit hier keine gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht gegeben ist, um die Geschicke der GmbH maßgeblich zu gestalten.

Fazit:  Wenn das BSG nun in der weiteren Entscheidung vom 28.06.2022 auch andere berufliche Zusammenschlüsse, wie eine Partnerschaft oder BGB-Gesellschaft nennt, besteht die berechtigte Sorge einer Ausweitung der Sozialversicherungspflicht für freie Berufe, die in Berufsausübungsgemeinschaften zusammengeschlossen sind.

Wie auf diese Tendenz in der Rechtsprechung zu reagieren ist, ohne die gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die gerade ein gleichberechtigtes Miteinander sichern sollen, zu ändern, wird im Rahmen einer anwaltlichen Beratung zu diskutieren sein.

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