Unerfüllter Kinderwunsch – rechtlicher Rahmen für Behandlungen

Medizinrecht

Die Anzahl der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch nimmt zu. Im Zeitraum 1997 bis 2019 sind insgesamt 340.053 Kinder im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung gezeugt und zur Welt gekommen. Allein im Jahr 2020 wurden 62.431 Frauen aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches in einem Kinderwunschzentrum behandelt.* Doch welche rechtlichen Möglichkeiten sind gegeben?

Der folgende Artikel kann hier nur einen groben Überblick geben.

1. Wer kann sich behandeln lassen?

Heterologe Ehepaare können sich bei unerfülltem Kinderwunsch ärztlich behandeln lassen. Gemäß der Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion der Bundesärztekammer ist die Infertilität grundsätzlich als gemeinsames Problem von Frau und Mann anzusehen.

Auch für lesbische Paare und alleinstehende Frauen bieten immer mehr Kinderwunschzentren eine Behandlung an, obwohl die rechtliche Grundlage hierzu noch nicht eindeutig angepasst wurde.

Während die Kosten für heterologe Ehepaare in der Regel von den Krankenkassen oder der Krankenversicherung übernommen werden, müssen lesbische Paare und alleinstehende Frauen die Kosten selbst tragen. Nach Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe hat im November 2021 das Bundessozialgericht entschieden, das dennoch eine Behandlung zu Lasten der Krankenkasse nicht möglich ist. Die Entscheidung wird damit begründet, dass dabei statt der bloßen Überwindung einer krankheitsähnlichen Situation, die Kompensation einer – in dieser Eheform – nicht bestehenden Zeugungsfähigkeit mittels heterologer Insemination begehrt wird.

2. Welche Behandlung ist möglich?

Die gängigen Behandlungen wie Insemination, In-Vitro-Fertilisation sowie die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) sind generell rechtlich möglich. Hierbei ist vom behandelnden Arzt zu entscheiden, welche Behandlungsart medizinisch im individuellen Fall indiziert ist.

Grundsätzlich verboten sind in Deutschland unter anderem die Leihmutterschaft, Geschlechtsauswahl, Befruchtung der Eizellen nach dem Tod des Mannes sowie die Eizellspende.

Dagegen können Kinderwunschbehandlung mittels Samenzellspende sowie eine Präimplantationsdiagnostik (PID), jeweils nach entsprechender Beratung und im Fall der PID nach Zustimmung der Ethikkommission, durchgeführt werden. Unter einer PID wird die genetische Untersuchung von Zellen eines nach künstlicher Befruchtung gezeugten Embryos in vitro vor seiner Übertragung in die Gebärmutter verstanden. Auch das Einfrieren von Eizellen im Vorkernstadium ist erlaubt.

3. Krebs und Kinderwunsch?

Für Betroffene gibt es hier Neuigkeiten. Die Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen oder Keimzellgewebe wurde in diesem Jahr fortgeschrieben. Im Fokus steht hier die Verstärkung der Aufklärung vor einer keimzellschädigenden Therapie – insbesondere Krebstherapien. Die Betroffenen sollen im Vorfeld über reproduktionsmedizinische Möglichkeiten sowie die Kryokonservierung von Keimzellen aufgeklärt werden. Es sind Abwägungskriterien ausgearbeitet worden, nach welchen den Betroffenen fertilitätsprojektive Maßnahmen ermöglicht werden sollen.

*laut Deutsches IVF-Register e. V. (DIR) Jahrbuch 2020, die Zahlen beziehen sich auf die Mitgliedszentren des DIR


Sprechen Sie uns gern bei rechtlichen Fragen rund um das Thema Kinderwunsch an.


[Autorin: RAin Bettina Weber, Fachanwältin für Medizinrecht;
Ihr Ansprechpartner bei uns: RA Matthias Herberg, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Telefon 0351 80718-56, herberg@dresdner-fachanwaelte.de]


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