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Verlängerung der Unterhaltsschuld der Eltern für volljährige Kinder
Der Vater des klagenden Kindes war der Auffassung, dass ein Ausbildungsunterhalt in einer derartigen Konstellation nicht geschuldet sei. Der Sohn hatte 2008 zunächst seinen Realschulabschluss erlangt und dann eine Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Architektur und Bau besucht, die er jedoch ohne Abschluss verlassen musste. Im Anschluss daran absolvierte er zunächst eine Lehre als Bauzeichner, die er erfolgreich abschloss. Nach Beendigung der Lehre startete das Kind zunächst ein freiwilliges soziales Jahr und schloss hieran dann erneut den Besuch der Fachoberschule an und erlangte im Jahre 2016 seine Fachhochschulreife. Zu diesem Zeitpunkt war der Unterhaltsberechtigte bereits 25 Jahre alt und begann sodann ein Studium der Architektur, welches er dann im Jahre 2019 erfolgreich beendete.
Obwohl damit die Zeit bis zum Abschluss der Ausbildung seit Verlassen der Schule insgesamt 11 Jahre umfasste, die größtenteils dann auch über die Eltern zu finanzieren waren, bejahte das Oberlandesgericht eine Unterhaltsverpflichtung. Dabei stellte das Oberlandesgericht zutreffend zunächst fest, dass natürlich von der Ausbildung zum Bauzeichner bis zum abschließenden Architekturstudium durchaus ein enger sachlicher Zusammenhang bestand und es sich hier um eine mehrstufige Ausbildung handelte. Dabei tolerierten die Richter durchaus, dass der Sohn zunächst die Fachhochschulreife nicht erhalten konnte und sich dann erst mal für die Berufsausbildung zum Bauzeichner entschied und im Anschluss an die Erlangung der Fachoberschulreife – nach Abschluss der Lehre als Bauzeichner – nicht sofort das Studium begann, sondern noch ein freiwilliges soziales Jahr einschob. Das – so die Richter – führe nicht dazu, dass kein Ausbildungsunterhalt mehr geschuldet sei. Durchaus problematisch sahen die Richter an, dass die einzelnen Ausbildungsstufen ein erhebliches Zeitmaß mit sich brachten, sodass das Kriterium des engen zeitlichen Zusammenhanges vorliegend schwierig ist, jedoch darf dem Kind das einmalige Versagen durch das Nichtbestehen einer Prüfung nicht zum Nachteil gereichen. Auch der Einwand, dass – anders als beim Abitur-Lehre-Studium-Fall – hier das Kind erst nach Abschluss der Lehre durch den weiteren Schulbesuch die Fachhochschulreife erwerben würde, störte das Gericht nicht, denn die Richter gehen davon aus, dass die einheitliche Ausbildung dann gewahrt ist, wenn das Kind von vornherein die Absicht geäußert hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren. Die Eltern müssten sich aufgrund dieser Anhaltspunkte darauf einstellen, diese mehrstufige Ausbildung zu finanzieren.
Dies ist selbstverständlich eine erhebliche Belastung der Eltern, da hier auch nicht vergessen werden darf, dass spätestens mit Erreichen des 25. Lebensjahres keine Entlastung mehr durch das Kindergeld erfolgt, denn dieses wird nicht mehr gezahlt, und dass mit Wegfall des Kindergeldes zugleich der Bedarf des Kindes ansteigt, denn eine Familienversicherung in der Krankenkasse ist nicht mehr möglich, sodass das Kind zusätzlich zu seinem Grundbedarf noch einen Anspruch auf eine Krankenvorsorge hat.
Damit wird deutlich, dass in der Rechtsprechung bei abgestuften Ausbildungswegen durchaus eine sehr hohe Toleranz gegenüber den Kindern herrscht, was ihre Ausbildungspläne betrifft. Von den Eltern wird hier ein hoher Grad an Verständnis erwartet.