Ursprünglich sah man auch hierzulande den Richter mit weißer Lockenpracht, seiner ehrfurchteinflößenden Robe und einem Holzhammer. Das gehört aber seit Jahrhunderten der Vergangenheit an. Übriggeblieben sind allein die Roben als Amts- bzw. Berufstrachten.
Historie
Die Kleiderordnung der deutschen Justiz besteht bereits seit dem Mittelalter. Damals waren die Gewänder jedoch je nach Region sehr unterschiedlich ausgestaltet von Prunk bis Purismus. Die dörflichen Richter trugen, was sie dahatten, am Hofe gab es Farben und Brokat. Die Verurteilten konnten übrigens schon an der Tintenfarbe des Urteils erkennen, was Ihnen bevorsteht. Todesurteile beispielsweise wurden stets in roter Tinte abgefasst.
Das auch Anwälte in Roben auftreten müssen, haben wir dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. zu verdanken. Dieser hielt nicht viel von Advokaten, da sie seinem Ansinnen von einem absolutistischen Staat Steine in den Weg legten. Aus diesem Grund beschloss er im Dezember 1726 eine Kabinettsorder für Gerichte:
„Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, daß die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt.“
Sein Ansinnen, die Anwaltschaft damit zu strafen, schlug jedoch fehl. Die Robe wurde zur Standestracht juristischer Funktionsträger, Sinnbild gerichtlicher Würde, aber auch optisches Abgrenzungsmerkmal. Durch die Robe werden alle als Organ der Rechtspflege oder Akteur des Prozesses gekennzeichnet. Dabei soll allein der Intellekt im Vordergrund stehen, ohne dass auf die Privatperson und deren Kleidung geachtet wird.
Wandel
Im Januar 1849 wurde die Kabinettsorder dahingehend abgeändert, dass neben der Robe auch ein schwarzes Barett und eine weiße Halsbinde zu tragen seien.
Bei den Roben gab es klare Vorgaben zu Länge und Schnitt. Sogar die Art und Breite vom Besatz wurden vorgeschrieben. Seitdem gibt es den breiten Samtbesatz bei Richter und Staatsanwalt, den Seidenaufschlag der Rechtsanwälte und die wollene Variante der Urkundsbeamten.
Das Barett bestand aus einem Wollstoff und wies an den Rändern ebenfalls die Besonderheiten des Besatzes der Roben auf. Zudem gab es zum Teil silberne bzw. goldene Schnüre, um die Präsidenten und Direktoren der Gerichte zu kennzeichnen.
Durch eine Allgemeinverfügung des Reichsjustizministers vom Juni 1936 entfiel das Barett schließlich wieder.
Die Krawatten sind jedoch bis heute erhalten geblieben. Richter und Staatsanwälte zeigen sich stets mit weiße Krawatten. Weiß wurde gewählt, da die Farbe sich abhebt und etwas unweltliches ausstrahlt. Dies soll die distanzierte Haltung des Trägers hervorheben.
Nach dem berüchtigten Mannheimer Krawattenstreit im Jahr 2009, in dem selbst das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden hat, dass ein Strafverteidiger ohne Krawatte vom Prozess ausgeschlossen werden darf, hat sich trotzdem ein gewisser Umbruch bemerkbar gemacht. So ist der Krawattenzwang für Anwälte in den meisten deutschen Gerichtssälen gelockert. Dieser Grundsatzentscheidung lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem ein Strafverteidiger von der Verhandlung ausgeschlossen wurde, weil er keinen Binder trug und sich auch verweigerte, einen anzulegen. Nachdem das Oberlandesgericht seine Beschwerde zurückwies, legte er Verfassungsbeschwerde ein und rügte die Verletzung seiner Berufsfreiheit. Das Anlegen einer Krawatte sei jedoch keine unzumutbare Belastung und betrifft ihn nicht in einer existenziellen Weise.
Gegenwart
Richter und Staatsanwälte tragen noch immer Roben mit Samtbesatz. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind die Roben allesamt schwarz.
Am Bundespatentgericht und dem Internationalen Seegerichtshof gibt es jedoch stahlblaue Besätze. An vielen Sozialgerichten sind die Roben mit einem violetten Besatz versehen und an einigen Verwaltungsgerichten sind die Roben gänzlich blau.
Der Sächsische Verfassungsgerichtshof sticht mit grünen Roben ins Auge und der Verfassungsgerichtshof von Schleswig-Holstein präsentiert sich in grauen Roben mit schwarzem Besatz.
An Bundesgerichten trägt man rote Roben. Bis heute fallen die Roben des Bundesverfassungsgerichts am meisten auf, da diese in einem kräftigen scharlachrot gefärbt sind. Dieses wurden in den fünfziger Jahren von einer Kostümschneiderin ausgewählt, wobei die Richtertracht der Stadt Florenz aus dem 15. Jahrhundert zum Vorbild diente. Dabei werden die leuchtenden Roben von einer Generation Richter an die nächste weitergegeben. Dazu gibt es beim Betreten des Raumes ein farblich passendes Barett.
Zudem werden die Roben des Bundesverfassungsgerichts durch weiße Jabots, also Rüschenkrägen ähnlich dem eines evangelischen Pfarrers, vervollständigt.
Auch bei Anwälten ist die Robe die Berufstracht geblieben. Die Kleiderordnung ist in der Berufsordnung für Rechtsanwälte gesetzlich festgeschrieben. Die Robenpflicht besteht aber nicht vor allen Gerichten und ist auch teilweise ortsabhängig. Obwohl es erst im Mai 2019 einen Antrag auf Abänderung der Robenpflicht hin zu einer reinen Freiwilligkeitsbasis gab, lehnte das für die Entscheidung zuständige Anwaltsparlament der Bundesrechtsanwaltskammer den Antrag mit einer Mehrheit von 70 zu nur 2 Gegenstimmen ab. Im Laufe der Jahre kamen immer wieder Diskussionen auf, ob die Robe eine veraltete Kostümierung sei. Der traditionsstolze Jurist möchte aber im Grunde genommen nicht darauf verzichten.
Was ist nun aber aus den Perücken geworden?
Die weiße Lockenpracht sucht man in Deutschland vergeblich. Sie diente einst dazu, die Identität des Richters zu verschleiern. Sie wurden aber bereits vor mehreren Jahrhunderten abgeschafft. In englischen und australischen Gerichtssälen ist die Rosshaarperücke aber noch gang und gebe. Es gab zwar bereits mehrere Bestrebungen, dieses Accessoire abzuschaffen, aber die Richter sind dort sehr stolz auf diese Tradition und die Würde, die ihnen die Perücke verleiht. Eine solche Echthaarperücke wird dort auch von den Anwälten zur Schau gestellt. Diese handgeknüpften Kunstwerke kosten den englischen Juristen bis zu 1000 Euro.
Wer den Richterhammer sehen möchte, sollte einen Ausflug in die US-Gerichtssäle unternehmen. Oder eben in deutsche Auktionshäuser.