Vorsicht bei freier Mitarbeit! Nicht jeder Zahnarzt ist auch unabhängig!

Ein MKG-Chirurg (Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg) schloss mit dem Inhaber einer privatärztlichen Zahnarztpraxis, einer Tagesklinik, einen Vertrag über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter.

Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung

Nach dem Berufsrecht handelt jeder Arzt im Rahmen der medizinischen Heilbehandlung grundsätzlich frei und eigenverantwortlich.
Die berufsrechtlichen Regelungen, die ähnlich auch für andere Berufsträger wie Rechtsanwälte oder Steuerberater gelten, führen jedoch nicht dazu, dass sozialversicherungsrechtliche Beurteilungen immer zu dem Ergebnis führen müssen, dass hier eine freie, selbstständige, Tätigkeit vorliege.

Vielmehr erfolgt die Beurteilung der Tätigkeit nach den allgemeinen Regelungen. Maßgeblich ist dabei vor allem immer das Gesamtbild der Tätigkeit, dass sich vorrangig daraus ergibt, inwieweit eine Eingliederung in die Praxis gegeben ist und ein persönliches Unternehmerrisiko gegeben ist.

Bei dem hier vom Landessozialgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall (Urteil vom 13.08.202, Az.: L 4 BA 328/19) wurden für die Ausübung der Tätigkeit keine relevanten Betriebsmittel eingesetzt, für die erbrachten Beratungsleistungen wurde eine Vergütung in Höhe von 40 % des für seine Leistungen von der Tagesklinik abgerechneten Honorars vereinbart. Auch hierin wurde kein besonderes Unternehmerrisiko gesehen, ein Honorarausfall durch Terminabsagen eines Patienten seien berufstypisch. Eigene Mitarbeiter habe der MKG-Chirurg in der Privatpraxis nicht beschäftigt, auch habe er keine eigenen Betriebsmittel in die Praxis eingebracht.

Für die selbstständige Tätigkeit spreche der Umstand, dass der MKG-Chirurg seine Behandlungstermine in Abstimmung mit dem Patienten habe selbst bestimmen dürfen, auch seien in dem Vertrag keine Ansprüche auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart gewesen.

Dennoch spreche das Gesamtbild der Tätigkeit für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, maßgeblich sei hier die Einbindung in die Organisationsstruktur der Tagesklinik.

Auch der Umstand, dass im Hinblick auf die Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bereits erfolgt ist, spricht hier nicht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung.

Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht allein Geltung für das jeweilige Beschäftigungsverhältnis hat. Bei jedem Arbeitgeberwechsel oder Aufnahme einer weiteren abhängigen Beschäftigung ist erneut bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen.

Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung

Um sich vor Nachforderungen der Rentenversicherung zu schützen, hilft nur die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7 a SGB IV, das sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber beantragen kann.

Weiterer Vorteil des Verfahrens ist, dass die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintritt, wenn der Antrag auf Statusfeststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit bestellt worden ist.

Ein Zahnarzt ist nach den Kriterien der Sozialversicherung nicht bereits dann selbstständig tätig, da er nach der Berufsordnung eigenverantwortlich und fachlich unabhängig einen freien Beruf ausübt!

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