Zur Befangenheit eines Gerichtssachverständigen

Der Ausgang von Rechtsstreitigkeiten insbesondere vor den Zivilgerichten hängt immer wieder vom Ergebnis eines durch das Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens ab. Dem Gutachter als sachkundigem „Auge“ des Gerichts kommt daher vielfach eine zentrale Rolle zu. Deswegen kann nach dem Gesetz ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden.

In einem kürzlich beendeten Prozess vor dem Landgericht Dresden haben wir für ein junges Hauseigentümerehepaar gegen eine Heizungsbaufirma Schadenersatz wegen einer von dieser geplanten und eingebauten Heizungsanlage geltend gemacht. Diese wies u. a. deutlich zu hohe Verbrauchswerte auf. Nach durchgeführter Beweisaufnahme zum Inhalt des Vertrages beauftragte das Landgericht einen Heizungssachverständigen mit der Überprüfung der Folgen der Planung einer ungeeigneten Heizungsanlage. Der Sachverständige nahm eine Ortsbesichtigung vor und leitete den Parteien kurz vor seinem gerichtlichen Anhörungstermin eine Aktennotiz zu. Aus dieser ergab sich ein zusammenfassendes Ergebnis seiner bisherigen Feststellungen. Diese mündeten darin, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei, weil die Wärmebereitstellungsanlage für das Haus nicht ungeeignet sei.

Unserem daraufhin bei Gericht eingereichten Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Landgericht Dresden in einem Beschluss vom 27.12.2011, Az.: 8 O 2138/10, vollständig entsprochen und den Gutachter von seinem Auftrag entbunden. Indem der Sachverständige ohne Anlass über die gerichtliche Fragestellung hinaus zu der Geeignetheit der Heizungsanlage Stellung nahm, habe er, so die Kammer, Anlass zur Besorgnis der Befangenheit gegeben. In seiner weiteren Begründung nahm das Gericht erkennbar Bezug auf die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung. Danach kann ein Gutachter dann mit Erfolg abgelehnt werden, wenn objektive Umstände oder Tatsachen vorliegen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise geeignet sind, Misstrauen an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Hierzu zählen auch nicht gefragte, d. h. über den Beweisbeschluss hinausgehende Feststellungen des Gutachters.

So lag, wie das das Landgericht zu Recht erkannte, der Fall hier. Der Gerichtsgutachter hatte sich nach dem Inhalt des Beweisbeschlusses ausschließlich mit der Höhe des geltend gemachten Schadens zu befassen. Die vertragsabweichende Planung, sprich „ungeeignete“ Heizungsanlage, stand aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs bereits fest und durfte daher von diesem nicht wieder in Frage gestellt werden.

Wenn ein Gerichtsgutachter im Übrigen die Besorgnis seiner Befangenheit durch ein derartiges Vorgehen grob fährlässig herbeiführt, verliert er sogar jeglichen Vergütungsanspruch. Davon ging das Landgericht im hiesigen Fall allerdings nicht aus. Für die Parteien hätte dies eine erneute Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen mit den sich daraus ergebenden Mehrkosten zur Folge gehabt, die von der unterliegenden Partei zu tragen gewesen wären. Dazu kam es dann allerdings nicht mehr, weil der Rechtsstreit an dieser Stelle durch einen Vergleich beendet werden konnte.

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