Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch
Bei nicht gestelltem Urlaubsantrag verfällt der Urlaubsanspruch nicht automatisch! Der EuGH (Europäischer Gerichtshof) stellt sich mit jüngster Entscheidung vom 06.11.2018 (Az.: C-619/16 und C-684/16), auf Vorlagefrage des BAG (Bundesarbeitsgericht) klar gegen die bisherige Praxis des Verfalles von Urlaubsansprüchen.
Zwar wird seitens des EuGH der Verfall von Urlaubsansprüchen nicht generell ausgeschlossen, aber der im deutschen Recht angelegte Automatismus des Verfalles des Urlaubsanspruches bei einfachem Zeitablauf (31.12. des Urlaubsjahres bzw. 31.03. des Folgejahres bei Übertrag) wird wohl nicht mehr ohne weitere Voraussetzungen zu halten sein. Der EuGH sieht laut aktuellem Urteil den Urlaubsverfall nur dann als gerechtfertigt an, wenn der Arbeitgeber „konkret und in völliger Transparenz dafür gesorgt hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt wurde, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen“.
D. h. der Verfall des Urlaubs- und Abgeltungsanspruchs wäre dann nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber im Streitfalle beweisen kann, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet habe, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt wurde, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Diese beiden EuGH-Urteile werden sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite für dringenden Prüfungs- und Handlungsbedarf bzgl. nicht beantragter bzw. nicht erteilter Urlaubszeiten sorgen.
Die Brückenteilzeit wird kommen
Bislang konnten Arbeitnehmer gemäß § 8 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) die Arbeitszeitverringerung beantragen und bei Vorliegen der Voraussetzungen zukünftig verkürzt arbeiten. Problematisch war hierbei, dass ein Recht auf Rückkehr in die vorherige Arbeitszeit nicht bestand. Nur wenn der Arbeitgeber eine freie Stelle zu besetzen hat, muss er den bisher in Teilzeit arbeitenden Mitarbeiter bei gleicher Eignung bevorzugt bei der Stellenbesetzung berücksichtigen.
Dieses Dilemma soll die neue "Brückenteilzeit" nun ab 2019 lösen und ein Rückkehrrecht in die vorherige Arbeitszeitsituation ermöglichen. Das Teilzeitbefristungsgesetz wird ergänzt und abgeändert und insbesondere um den neu einzufügenden § 9a TzBfG „Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit“ erweitert. Arbeitnehmer sollen die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit für einen vorher bestimmten Zeitraum zu verringern und nach Zeitablauf wieder zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren. Diese Gesetzesänderungen sollen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Zu beachten ist allerdings, dass die gesetzliche Neuregelung nicht für Betriebe mit weniger als 45 Mitarbeitern gilt. Auch Unternehmen mit 45 bis maximal 200 Angestellten müssen den Anspruch auf Brückenteilzeit nur einem pro 15 Mitarbeitern gewähren. Überdies muss der die Brückenteilzeit beantragende Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Arbeitsverhältnis mit seinem Arbeitgeber stehen und bei Beantragung den Zeitraum der Verringerung der Arbeitszeit konkret mitteilen.
Doch keine Schadenersatzpauschale im Arbeitsrecht
Das BAG (Bundesarbeitsgericht) hat, im bislang nur als Pressemitteilung vorliegenden Urteil vom 05.09.2018, Az: 8 AZR 26/18, entschieden, dass die Schadensersatzpauschale im Arbeitsrecht keine Anwendung findet. Der pauschale Schadensersatz, geregelt in § 288 Abs. 5 BGB, von 40 Euro bei verspäteten Zahlungen soll unpünktliche oder unvollständige Zahlungen im Geschäftsverkehr vermeiden.
Die Pauschale ist dem Gesetzeswortlaut nach auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist – und hieran stört sich das BAG. Im Arbeitsrecht gilt aber die Besonderheit, dass es in Urteilsverfahren erster Instanz keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gibt. Der Anspruch auf die Schadensersatzpauschale sei daher wegen der speziellen arbeitsrechtlichen Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG laut BAG ebenfalls ausgeschlossen.
Eine den Mindestlohn einschließende arbeitsvertragliche Verfallklausel ist unwirksam
Eine arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den gesetzlich garantierten Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das sog. Transparenzgebot und ist daher unwirksam, wenn der Vertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde und sich um eine sog. AGB handelt. In den meisten Fällen ist ein Arbeitsvertrag eine AGB (Allgemeine Geschäftsbedingung). Das entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.09.2018, Az.: 9 AZR 162/18.
Eine solche Ausschlussklausel verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den ab dem 01.01.2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnehme und insofern nicht klar und verständlich sei. Die Klausel könne deshalb auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden (§ 306 BGB).
Es wären daher arbeitgeberseitig die derzeit verwandten arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln zu prüfen und zu aktualisieren. Arbeitnehmerseitig ist zu prüfen, ob für verfallen gehaltene Ansprüche gegen den Arbeitgeber noch bestehen und durchsetzbar sind, insbesondere wären hier Zahlungs- und Vergütungsansprüche zu nennen, welche bei Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel sodann der 3-jährigen Regelverjährung unterliegen.