Arbeitsrecht
Darf man über sein Gehalt sprechen? – Rechtliche Einordnung für Arbeitnehmer
Hintergrund
Die Diskussion um Gehaltstransparenz hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Ein offener Austausch über Vergütung ermöglicht es Arbeitnehmern, ungerechtfertigte Benachteiligungen, etwa durch diskriminierende Lohnunterschiede, zu erkennen und zu adressieren. Die rechtlichen Grundlagen sind im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) verankert. Beide Gesetze dienen dem Schutz vor Diskriminierung und stärken die Rechte der Arbeitnehmer auch in Bezug auf die Gehaltsinformation.
Was sagen die Gerichte?
Die Rechtsprechung ist in dieser Frage eindeutig:
- Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat bereits 2009 entschieden, dass Klauseln im Arbeitsvertrag, die Arbeitnehmer zum Schweigen über ihr Gehalt verpflichten, in der Regel unwirksam sind. Informationen über das Arbeitsentgelt gelten nicht als Geschäftsgeheimnis, zumindest, wenn sie innerhalb des Betriebs offengelegt werden.
- Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mehrfach bestätigt: Arbeitnehmer dürfen sich über ihr Gehalt austauschen. Vertragsklauseln, die dies pauschal untersagen, verstoßen gegen das Transparenzgebot des Arbeitsrechts.
Ziel dieser Offenheit ist es, Arbeitnehmer zu befähigen, eine mögliche Ungleichbehandlung aufzudecken.
Rechtliche Argumente und zentrale Begründungen
- Schutz durch das AGG: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt Beschäftigte vor Benachteiligungen. Ein Austausch über das Gehalt ist erforderlich, um zu erkennen, ob eine Diskriminierung, etwa wegen Geschlecht oder Herkunft, vorliegt.
- Meinungsfreiheit: Gleichzeitig schützt Artikel 5 des Grundgesetzes die freie Meinungsäußerung und damit auch Gespräche über die eigene Vergütung.
- Kein Geschäftsgeheimnis: Die Gerichte sind sich einig: Das Gehalt eines einzelnen Arbeitnehmers fällt nicht unter den Schutz von Geschäftsgeheimnissen.
- Entgelttransparenzgesetz: Seit 2018 haben Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern ein Recht auf Auskunft über die Gehaltsstruktur vergleichbarer Positionen; auch, um Lohngerechtigkeit durchsetzen zu können.
Grenzen und Besonderheiten
Arbeitgeber dürfen Gehaltsbesprechungen nicht grundsätzlich verbieten; auch Vertragsklauseln, die eine Verschwiegenheitspflicht über das Gehalt beinhalten, sind in der Regel rechtlich nicht haltbar.
Es gibt Ausnahmen: In Einzelfällen, beispielsweise bei besonders sensiblen betrieblichen Informationen oder bei leitenden Angestellten mit Zugang zu Gehaltsdaten anderer, kann der Arbeitgeber zur Verschwiegenheit verpflichten. Solche Sonderfälle sind jedoch selten und müssen immer individuell abgewogen werden.
Bedeutung für die Praxis
Für Arbeitnehmer bedeutet diese Rechtsprechung: Sie dürfen offen über ihr Gehalt sprechen – egal, was im Arbeitsvertrag steht. Dieses Recht trägt dazu bei, Lohngerechtigkeit zu fördern und Diskriminierung entgegenzuwirken.
Für Arbeitgeber empfiehlt sich, auf Transparenz zu setzen und offene Kommunikationskulturen zu fördern, anstatt die Beschäftigten mit fragwürdigen Klauseln zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Rechtlich sind solche Klauseln meist unwirksam und begünstigen kein gutes Arbeitsklima.
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