Kündigung wegen sexueller Belästigung 

 |  Arbeitsrecht

Das Thema sexuelle Belästigung nimmt derzeit in der Öffentlichkeit einen breiten Raum ein. Sexuelle Übergriffe sind kein Kavaliersdelikt und können auch nach langjähriger Beschäftigung eine fristlose Kündigung im Arbeitsverhältnis rechtfertigen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich die Belästigung gegen eine Frau oder gegen einen Mann richtet.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 29.06.2017 (Az.: 2 AZR 302/16) ausgeführt, dass die absichtliche Berührung primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale eines anderen unabhängig von einer sexuellen Motivation ein Eingriff in die körperliche Intimsphäre darstellt und auch bei langjährig Beschäftigten eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. 

Der seit 23 Jahren abmahnungsfrei beschäftigte Arbeitnehmer hatte einen im Betrieb ebenfalls tätigen Leiharbeitnehmer schmerzhaft in die Genitalien gegriffen und anschließend bemerkt, der Leiharbeitnehmer habe „dicke Eier“. 

Das Bundesarbeitsgericht hat zwar die der Kündigung stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes aufgehoben und an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es hat aber ausgeführt, dass das Verhalten des Klägers an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung zu bilden. Es handele sich unabhängig davon, ob das Verhalten des Arbeitsnehmers vorsätzlich gewesen sei, um eine sexuelle Belästigung. Auch die anschließende Äußerung des Arbeitnehmers, der Mitarbeiter habe „dicke Eier“ stelle eine entwürdigende Bemerkung im Sinne von § 3 Abs. 4 AGG dar. 

Fraglich sei lediglich, ob die fristlose Kündigung verhältnismäßig sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ein erkennbar unerwünschter körperlicher Eingriff in den Intimbereich eines anderen völlig unabhängig von einer eigenen sexuellen Motivation stets eine sexuelle Belästigung darstelle, so dass ein mangelndes Bewusstsein, eine sexuelle Belästigung zu begehen, nicht entlastend wirken könne. Auch sei der Arbeitnehmer vorab nicht abgemahnt worden, was bei der Entscheidung im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sei. 
Das Landesarbeitsgericht muss den Sachverhalt noch weiter aufklären. 

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