In der täglichen Praxis wiederholt sich regelmäßig folgender Fall:
Dem Arbeitnehmer wird gekündigt. Daraufhin fordert dieser eine Überstundenvergütung ein. Er macht geltend – oftmals über Monate – regelmäßig Überstunden geleistet zu haben, die bislang nicht vergütet worden seien. Der Arbeitgeber wiederum wendet ein, diese Überstunden seien so, wie dargelegt, überhaupt nicht geleistet worden. Im Übrigen habe er die Überstunden auch nicht angeordnet, somit bestünde kein Vergütungsanspruch.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einer Entscheidung vom 10.04.2013 (Az.: 5 AZR 122/12) erneut mit dieser Problematik auseinandergesetzt und seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Danach setzt ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Hierfür trägt der Arbeitnehmer die Beweislast. Er muss also exakt darlegen, wann genau er in welchem Zeitraum aus welchen Gründen, gebilligt oder angeordnet vom Arbeitgeber, welche Überstunden geleistet hat. Dies ist für den Arbeitnehmer in aller Regel unmöglich, weil er die Überstunden nicht minutengenau aufgeschrieben hat und keine Zeugen für jede einzelne Überstunde benennen kann, die bestätigen können, dass exakt zu diesen Zeiten über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus gearbeitet wurde.
Das Bundesarbeitsgericht hat ferner ausgeführt, dass für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden der Arbeitnehmer vortragen muss, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Auch dies wird dem Arbeitnehmer häufig nicht gelingen.
Erschwerend kommt hinzu, dass in vielen Arbeitsverhältnissen sogenannte Ausschlussfristen gelten. Diese regeln, dass Zahlungsansprüche in der Regel drei Monate nach Fälligkeit verfallen, wenn sie zuvor nicht schriftlich geltend gemacht worden sind. Vergütungsansprüche, auch Überstundenvergütungen, sind meistens am 15. des Folgemonats fällig. Hat der Arbeitnehmer die Bezahlung der Überstunden also nicht regelmäßig innerhalb der Ausschlussfrist schriftlich eingefordert, sind die Ansprüche verfallen.
Tipp für Arbeitnehmer: Dem Arbeitnehmer kann nur geraten werden, seine Überstunden exakt aufzulisten und sich diese spätestens Ende des Monats vom Arbeitgeber abzeichnen zu lassen. Geschieht dies nicht, läuft er Gefahr, in einem Zahlungsprozess zu unterliegen.
Tipp für Arbeitgeber: Einem Arbeitgeber, der Überstunden anordnet und auch vergüten möchte, ist anzuraten, ein transparentes Erfassungssystem zu schaffen und die Überstunden zumindest monatlich abzurechnen. Ferner ist ihm anzuraten, eine Verfallfrist in seine Arbeitsverträge aufzunehmen, um sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mit vermeintlichen Zahlungsansprüchen der letzten Jahre auseinandersetzen zu müssen.