Achtung! Testament kann Bezugsberechtigung beseitigen!

Erbrecht


Hier ist über ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 30.01.2018 (Az.: X ZR 119/15) zu berichten, das erhebliche Bedeutung für alle Schenkungen eines Erblassers auf den Todesfall haben dürfte.

Unter Schenkungen auf den Todesfall sind z. B. sogenannte Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall mit Bankinstituten oder etwa Bezugsberechtigungen in Lebensversicherungen oder Bausparverträgen zu verstehen. Der Bundesgerichtshof hatte in seinem vorgenannten Urteil über die Klage von Erben einer Erblasserin auf Herausgabe von Wertpapieren gegen einen entfernten Verwandten zu entscheiden, dem in einem Jahrzehnte vor dem Erbfall mit einem Bankinstitut von der Erblasserin abgeschlossenen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall Wertpapiere zugewendet worden waren und der diese von diesem Bankinstitut dann nach dem Sterbefall der Erblasserin auch erhalten hatte. Die Erblasserin hatte allerdings wenige Jahren vor ihrem Sterbefall ein Testament errichtet, in dem es heißt:

„Mein gesamtes Kapitalvermögen bei der … (Konten, Sparbücher und Depots) teile ich wie folgt auf: …“.

Der besagte, entfernte Verwandte wurde in diesem Zusammenhang im Gegensatz zu anderen Personen im Testament gerade nicht als Empfänger etwa von „Depots“ genannt.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein Erblasser sich in einem Testament, in dem er umfassend über sein Vermögen verfügt, grundsätzlich eine frühere, entgegenstehende rechtsgeschäftliche Erklärung widerruft, wenn der Erblasser sich von dieser Erklärung auch schon zu Lebzeiten jederzeit hätte einseitig lösen können. Das Bewusstsein, in einem Testament die Verteilung des Vermögens umfassend zu regeln, schließt das Bewusstsein, dass damit etwaige entgegenstehende, frühere Verfügungen widerrufen werden, mit ein. Ein Erklärungsbewusstsein eines Erblassers, das gezielt auf den Widerruf einer bestimmten Willenserklärung gerichtet ist, sei nicht erforderlich. Weiter führte der Bundesgerichtshof aus, dass eine Willenserklärung in einem in amtliche Verwahrung genommenes Testament gegenüber jedem als abgegeben anzusehen ist, den es angeht, auch wenn er in dem Testament gar nicht bedacht ist.

Dies bedeutet, dass in jedem Testament, in dem ein Erblasser über sein gesamtes Vermögen verfügt – was eher die Regel ist –, die Möglichkeit besteht, dass zukünftig ein Gericht frühere Begünstigungen von Personen in Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall (Vereinbarungen mit Bankinstituten über Guthaben und Depots, Lebensversicherungsverträge, Bausparverträge etc.) wirkungslos werden. Nun hatte der Bundesgerichtshof in seiner vorgenannten Entscheidung auch Anlass, über einen derartigen Widerruf durch ein Testament auch deshalb nachzudenken, weil im Testament „Depots“ ausdrücklich anderen Personen zugewiesen wurden, als dem Jahrzehnte früher in einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall mit einem Bankinstitut Begünstigten. Insoweit könnte man daran denken, dass hier die rechtliche Beurteilung des Bundesgerichtshofes vielleicht anders ausgesehen hätte, wenn ihm ein Testament vorgelegen hätte, in dem nur ganz allgemein ohne jeden Bezug auf entsprechende Vermögenswerte Erben eingesetzt wurden. Allerdings spricht dagegen, dass der Bundesgerichtshof sehr kategorisch urteilte, wenn er feststellt, dass das gesamte Vermögen umfassende Testament eines Erblassers „im Zweifel jedenfalls“ als Widerruf einer früheren entgegenstehenden rechtsgeschäftlichen Erklärung, von der er sich jeder Zeit lösen könne, aufzufassen sei. Es bleibt abzuwarten, ob die höchstrichterliche Rechtsprechung an diesem Grundsatz ohne jede Ausnahme festhalten wird. Manches spricht dafür.

Fazit:  In der Praxis bedeutet die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofes, dass zukünftig jeder Erblasser bei der Erstellung seines Testamentes überdenken sollte, ob er möglicherweise vor langer Zeit in einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall mit einem Bankinstitut oder etwa in einem Lebensversicherungsvertrag oder einem Bausparvertrag eine Person für den Todesfall begünstigte. Will er z. B. diese Person im Testament nicht begünstigen, ihm aber die Rechte aus einer derartigen Bezugsberechtigung belassen, sollte er dieses ausdrücklich in seinem Testament bestimmen. Anderenfalls sollte er darüber nachdenken, den besagten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall hinsichtlich der Bezugsberechtigung entsprechend zu ändern.

Die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofes dürfte zukünftig häufig Anwendungsfälle finden, weil Erblasser wohl auch unbewusst Zuwendungen bzw. Bezugsberechtigungen in Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall anlässlich der Erstellung eines Testamentes schlicht vergessen, weil sie oft Jahrzehnte zurückliegen und oftmals diese Zuwendungen eher beiläufig neben einer Vielzahl von Vertragsbestimmungen bei Abschluss bei Versicherungsverträgen oder Bausparverträgen vereinbart wurden. So dürfte es unter Beteiligten eines Erbfalles auch zukünftig immer wieder zu bösen Überraschungen kommen.  

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