Erbausschlagung: Genehmigungsverfahren für Betreute und Minderjährige

Erbrecht

Insbesondere im Falle eines überschuldeten Nachlasses besteht das Bedürfnis nach der wirksamen Ausschlagung einer Erbschaft für den Erben. Handelt es sich bei dem Erben um eine gesetzlich betreute oder eine minderjährige Person, ist die Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch das Betreuungs- bzw. Familiengericht zu beachten. In diesen Fällen wird die Ausschlagung erst mit Vorliegen der Genehmigung des Betreuungs- bzw. Familiengerichtes beim zuständigen Nachlassgericht wirksam. Das gesamte Genehmigungsverfahren unterliegt jedoch diversen rechtlichen Fallstricken.

Für einen unter Betreuung stehenden Erben hat der Betreuer als dessen gesetzlicher Vertreter die Ausschlagung in der nach § 1945 BGB gebotenen Form gegenüber dem Nachlassgericht (§ 343 FamFG) zu erklären (§ 1902 BGB). Diese bedarf gemäß §§ 1822 Nr. 2, 1908i, 1915 BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Für den minderjährigen Erben ist ebenfalls die Genehmigung erforderlich, wenn die sorgeberechtigen Eltern (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB), der alleine sorgeberechtigte Elternteil, der Vormund oder ein Pfleger die Ausschlagung erklären (§§ 1908i, 1915 Abs. 1, 1643 Abs. 2 BGB).

Für die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung eines Betreuers ist grundsätzlich erforderlich, dass diese Tätigkeit auch zu seinem Aufgabenkreis im Sinne von § 1896 Abs. 2 BGB zählt. Dies ist nach herrschender Meinung der Fall, wenn dem Betreuer der Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ übertragen wurde. Die sechswöchige Ausschlagungsfrist beginnt mit Kenntnis des Erben von dem Anfall der Erbschaft und dem Berufungsgrund, im Falle eines Testamentes nicht vor dessen Bekanntgabe durch das Nachlassgericht (§ 1944 Abs. 2 BGB). Ist der Erbe geschäftsunfähig, ist die Kenntnis seines gesetzlichen Vertreters maßgeblich, bei einer unter Betreuung stehenden Person die Kenntnis des Betreuers. Ist für den geschäftsfähigen möglichen Erben ein Betreuer bestellt (Betreuung setzt keine Geschäftsunfähigkeit des Betreuten voraus!), ist für den Fristbeginn die Kenntnis desjenigen maßgeblich, der früher Kenntnis erhalten hat, also entweder der Erbe oder sein Betreuer. Für den minderjährigen Erben ist die Kenntnis beider Eltern maßgeblich, sofern sie gemeinsam sorgeberechtigt sind. Entscheidend ist die Kenntnis des letzten Elternteils.
Der gesetzliche Vertreter hat die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht innerhalb der sechswöchigen Frist des § 1944 BGB zu erklären. Da die betreuungsgerichtliche bzw. familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung, die anzuregen ist, in der Regel Wochen bzw. Monate dauert, nimmt die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung eine Anwendbarkeit des § 1831 BGB an, sodass diese gerichtliche Genehmigung der Ausschlagung nachträglich dem Nachlassgericht vorgelegt werden kann. Die Genehmigung muss dabei nicht so frühzeitig beantragt werden, dass mit ihrer Erteilung noch innerhalb der nicht gehemmten Ausschlagungsfrist gerechnet werden kann. Es genügt, wenn innerhalb der Ausschlagungsfrist sowohl die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht erklärt, als auch die Genehmigung beim Betreuungs- bzw. Familiengericht angeregt wurde. Die gesetzlich maßgebliche sechswöchige Ausschlagungsfrist wird nach herrschender Meinung in der Zeit ab der Anregung der Genehmigung gehemmt, sodass hier eine Fristwahrung im Falle eines verzögerten Genehmigungsverfahrens möglich bleibt.

Nach aktueller Gesetzeslage reicht die grundsätzliche Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk beim gesetzlichen Vertreter. Zum Nachweis der Rechtskraft ist auf Antrag ein Rechtskraftzeugnis zu erteilen (§ 46 FamFG). Diesen Antrag hat der gesetzliche Vertreter unverzüglich zu stellen, da andernfalls die Frist nicht mehr gehemmt und die Ausschlagungsfrist nicht eingehalten ist. Entscheidend ist, dass der gesetzliche Vertreter den Genehmigungsbeschluss mit Rechtskraftvermerk dem Nachlassgericht mitteilt. Das Betreuungsgericht informiert das Nachlassgericht nicht von Amts wegen über die rechtskräftige Genehmigung. Das hat auch seinen Grund: Nach Erhalt des rechtskräftigen Genehmigungsbeschlusses soll der gesetzliche Vertreter die Möglichkeit haben, zu überdenken, ob er tatsächlich von der Genehmigung Gebrauch machen möchte. Nach Erhalt der Genehmigung hat der gesetzliche Vertreter also zu prüfen, ob die Ausschlagung der Erbschaft noch immer dem Wohl des zu Vertretenden entspricht. Die Entscheidung über das Gebrauchmachen steht in seinem Ermessen. In diesem besonderen Falle ist dem gesetzlichen Vertreter zu raten, unmittelbar nach Erhalt der Genehmigungserklärung mit Rechtskraftvermerk, dieses auch aus Nachweis- und Fristwahrungsgründen per Fax an das Nachlassgericht vorab zu übermitteln.


Zusammenfassend besteht der sichere Weg für gesetzliche Vertreter von Minderjährigen oder Betreuten darin,

  • innerhalb der Ausschlagungsfrist die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären, dort darauf zu verweisen, dass die Genehmigung gleichzeitig eingeholt und nach Rechtskraftvermerk dem Nachlassgericht unter Belegvorlage mitgeteilt werde,
  • innerhalb der Ausschlagungsfrist die Genehmigung der Ausschlagung gegenüber dem zuständigen Betreuungs- bzw. Familiengericht anzuregen,
  • auf eine zügige Genehmigung hinzuwirken und
  • nach Zugang des Genehmigungsbeschlusses unverzüglich den Rechtskraftvermerk zu beantragen,
  • auf eine zügige Erteilung hinzuwirken und
  • nach Eingang des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk davon eine Kopie unter Mitteilung der weiteren Angaben zu den Bekanntmachungen in der verbleibenden Ausschlagungsfrist dem Nachlassgericht zuzuleiten.


Fazit:   Wie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem Komplex der wirksamen Ausschlagung für einen Betreuten oder Minderjährigen um einen Vorgang mit verschiedenen gesetzlichen Fallstricken, die unbedingt zu beachten sind. Kommt es etwa dazu, dass ein gesetzlicher Vertreter nach den vorstehenden Vorgaben eine Ausschlagung nicht wirksam für den Betreuten oder Minderjährigen erklärt, steht seine persönliche Haftung etwa in dem Fall im Raum, dass Nachlassverbindlichkeiten gegenüber dem dann erbenden Betreuten oder Minderjährigen geltend gemacht werden. Im Zweifel sollte diesbezüglich anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden, und zwar so frühzeitig, dass noch fristwahrende Maßnahmen in der gesetzlich vorgesehenen Weise eingeleitet werden können.

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