Etwa jedes 10. Paar in Deutschland lebt in sogenannter wilder Ehe. In den neuen Bundesländern ist die Häufigkeit nichtehelicher Lebensgemeinschaften noch deutlich höher. Kommt es in einer solchen Partnerschaft zu einem Sterbefall, kann es für den überlebenden Partner zu bösen Überraschungen kommen, wenn keine erbrechtliche Vorsorge getroffen wurde.
Dazu hat Rechtsanwalt Arno Wolf, Fachanwalt für Erbrecht, einige Fragen beantwortet.
Frage: Wie ist die Erbfolge bei einem Erbfall in einer nichtehelichen Partnerschaft?
Antwort: Das deutsche Recht kennt kein gesetzliches Erbrecht eines nichtehelichen Partners. Der nichteheliche Partner ist mit seinem verstorbenen Partner rechtlich nicht verwandt und steht dem Erbfall gesetzlich wie ein Fremder ohne Rechte gegenüber.
Frage: Wie können nichteheliche Partner vorsorgen?
Antwort: Nichteheliche Partner sollten zu Lebzeiten etwa durch ein Testament oder einen Erbvertrag vorsorgen. Es ist aber zu beachten, dass im Gegensatz zu verheirateten Paaren, nichteheliche Partner nach dem Gesetz kein wirksames gemeinschaftliches Testament errichten können. Sie müssen jeweils einzelne Testamente erstellen. Dies hat jedoch den Nachteil, dass anders als bei einem gemeinschaftlichen Testament von Eheleuten, die nichtehelichen Partner jederzeit ihr Einzeltestament ändern können und zwar ggf. ohne, dass der Partner davon Kenntnis bekommt. Dies führt zu einer rechtlichen Unsicherheit zwischen den Partnern. Deshalb ist diesem Personenkreis eher zu empfehlen, einen Erbvertrag zu schließen, der aber zur Wirksamkeit notariell beurkundet werden muss. In diesem Erbvertrag können sie sämtliche denkbaren erbrechtlichen Regelungen nach ihren Vorstellungen treffen. Sie können sich zum Beispiel gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Sie können auch gemeinsame oder einseitige Abkömmlinge in verschiedener Weise begünstigen. Dieser Erbvertrag hat rechtliche Bindung zwischen den Beteiligten, so dass auch unverheiratete Paare unter sich im Falle eines Erbvertrages in erbrechtlicher Hinsicht eine gewisse Sicherheit und Verlässlichkeit herstellen.
Frage: Was ist zu beachten, wenn gemeinsame oder einseitige Kinder aus vorangegangenen Partnerschaften vorhanden sind?
Antwort: Gerade in diesen Fällen ist dringend eine Regelung zu Lebzeiten, etwa durch einen Erbvertrag, zu empfehlen. Bei einseitigen Abkömmlingen des verstorbenen Partners sieht sich der überlebende Partner sehr schnell ansonsten in rechtlichen Verstrickungen mit diesen Abkömmlingen, die er ggf. kaum kennt bzw. mit denen ihn kaum eine persönliche Beziehung verbindet. Hat der verstorbene Partner weder eine testamentarische noch eine erbvertragliche Regelung getroffen, tritt insoweit die gesetzliche Erbfolge zu Gunsten der Abkömmlinge ein, wobei der überlebende Partner erbrechtlich rechtlos steht. Oftmals sind unverheiratete Paare rechtlich vielfältig verbunden, zum Beispiel durch einen gemeinsamen Immobilienerwerb. Wird etwa der verstorbene Partner durch seine Abkömmlinge beerbt, gerät der überlebende Partner automatisch in eine Miteigentümergemeinschaft hinsichtlich der Immobilie, was zu sehr unerwünschten Folgen und vielfältigen Problemen führen kann. Ein Erbvertrag ist übrigens auch geeignet dafür, bei gemeinsamen Kindern Regelungen zum Unterhalt und für den Trennungsfall zu treffen.
Frage: Was geschieht mit dem Erbvertrag im Falle der Trennung?
Antwort: Der Erbvertrag sollte sinnvollerweise eine Klausel enthalten, die im Falle einer Trennung beiden Partnern ein Rücktrittsrecht gewährt. Dabei sollte unbedingt auch genau geregelt werden, was die Partner unter einer Trennung verstehen. Oft wird eine Trennung so definiert, dass von dem Ende der häuslichen Lebensgemeinschaft gesprochen wird.
Frage: Was ist hinsichtlich der Erbschaftsteuer bei nichtehelichen Partnerschaften zu beachten?
Antwort: Grundsätzlich muss ein unehelicher Lebenspartner, der geerbt hat, eine wesentlich höhere Erbschaftsteuer zahlen als ein verheirateter Partner. Unverheiratete Partner werden bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Steuerklasse III eingruppiert. Hier liegt der Freibetrag bei gerade einmal 5.200,00 €. Das Erbe, das wertmäßig über den Freibetrag hinausgeht, wird mit Steuersätzen zwischen 17 und 50 % versteuert. Dies ist eine deutliche Schlechterstellung gegenüber Ehegatten, die einen Freibetrag von zurzeit 307.000,00 € haben und denen ein besonderer Versorgungsfreibetrag i. H. v. 256.000,00 € zusteht. Zudem fallen bei Verheirateten die Steuersätze mit 7 bis 30 % deutlich niedriger aus, als bei unverheirateten Paaren.
Frage: Kann durch einen Erbvertrag oder ein Testament auch vermieden werden, dass Abkömmlinge des verstorbenen nichtehelichen Partners noch Ansprüche geltend machen?
Antwort: Die Frage von Pflichtteilsansprüchen von Abkömmlingen gegenüber dem alleinerbenden nichtehelichen Partner sind nicht anders zu beurteilen, als im Falle eines alleinerbenden verheirateten Partners. Abgesehen von äußerst seltenen Ausnahmefällen lässt sich ein Pflichtteilsanspruch nicht grundsätzlich vermeiden, allerdings schon zu Lebzeiten dadurch regeln, dass mit Pflichtteilsberechtigten eine notarielle Vereinbarung über einen Pflichtteilsverzicht ggf. gegen Zahlung einer Abfindung getroffen wird.
Frage: Haben Sie für unsere Leser noch einen weiteren Hinweis in diesem Zusammenhang?
Antwort: Auch unverheiratete Paare sollten zu Lebzeiten aus erbschaftsteuerlichen Gründen oder auch im Hinblick auf zukünftige Pflichtteilsansprüche darüber nachdenken, Vermögen schon zu Lebzeiten zu übertragen. Zu denken ist etwa an die Übertragung einer Immobilie auf den Lebenspartner bei Vereinbarung eines Nießbrauchsrechtes bzw. Wohnrechtes. Diese Varianten müssen jedoch gut überlegt und abgewogen werden, da derartige Regelungen oft auch durchaus gewichtige Nachteile haben können. Gerade nichtehelichen Partnern ist noch dringender als verheirateten Paaren zu empfehlen, sich fachlichen Rat bei einem Rechtsanwalt zu suchen, der dann im Einzelfall eine speziell zugeschnittene Empfehlung geben kann.