Vor- und Nachteile der Testamentsvollstreckung

Erbrecht

In der anwaltlichen Praxis treten immer wieder Konflikte auf, die von einem Erblasser dadurch hätten vermieden werden können, dass ein Testamentsvollstrecker testamentarisch bestimmt worden wäre.
Ob Vor- oder Nachteile der Testamentsvollstreckung zur Regelung von Erbfolgen überwiegen, muss im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden.

Die grundsätzlichen Vor- und Nachteile einer Testamentsvollstreckung stellen sich wie folgt dar:

1. Vorteile der Testamentsvollstreckung

  • Der Erblasser kann über die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers noch über seinen Tod hinaus seinen Willen hinsichtlich seines Nachlasses durchsetzen. Beispielsweise kann der Erblasser 30 Jahre lang die Erbteilung ganz oder teilweise ausschließen, § 2044 Abs. 2 BGB und zur Überwachung einen Testamentsvollstrecker einsetzen.
  • Mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung und einer Umschreibung seines Wirkungskreises in einem Testament kann der Erblasser die Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen sichern. Werden Vermächtnisse angeordnet, sind die Begünstigten ansonsten auf den guten Willen der Erben angewiesen, wenn Sie nicht gegen diesen prozessieren wollen.
  • Die Testamentsvollstreckung kann auch eine Vereinfachung der Verwaltung des Nachlasses ermöglichen, wenn z. B. mehrere Erben vorhanden sind, einige sogar im Ausland wohnen.
  • Im Falle einer Erbengemeinschaft, die auseinanderzusetzen ist, stellt die Einschaltung eines in der Regel objektiven Testamentsvollstreckers eine Vereinfachung einer Erbauseinandersetzung dar, da diese gemäß § 2204 BGB von diesem durchgeführt wird, nicht von den Erben.
  • Je nach den persönlichen Fähigkeiten von Erben kann es Sinn machen, durch Einsetzung eines Testamentsvollstreckers den Nachlass vor den Erben zu schützen, die z. B. geschäftlich unerfahren oder gar böswillig sind; bei Anordnung der Testamentsvollstreckung wird der Nachlass und eventuell auch die Erträge von einem Testamentsvollstrecker verwaltet, nicht aber von den Erben.
  • Werden Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen vererbt, kann ein persönlich insoweit geeigneter Testamentsvollstrecker eine optimale Übergangslösung z. B. in dem Fall darstellen, dass noch ein gewisser Zeitraum, z. B. wegen einer noch nicht abgeschlossenen Ausbildung, zu überbrücken ist, bis der insoweit vorgesehene Rechtsnachfolger die Nachfolge im Unternehmen antritt.
  • Weiterhin kann durch die Einschaltung eines Testamentsvollstreckers vermieden werden, dass hinsichtlich erforderlicher Verfügungen über Nachlassbestandteile und bei Minderjährigkeit eines Erben ggf. auch die problematische und langwierige Einschaltung des Vormundschaftsgerichtes vermieden wird.
  • Durch einen Testamentsvollstrecker und weitere Regelungen kann unter Umständen vermieden werden, dass Gläubiger eines Erben Zugriff auf den Nachlass nehmen.

2. Nachteile der Testamentsvollstreckung

  • In der Regel beansprucht ein Testamentsvollstrecker Honorar, das erfahrungsgemäß zwischen 1 % und 3 % netto des sogenannten Reinnachlasses betragen kann.
  • Die Machtfülle eines Testamentsvollstreckers kann den Nachlass für Erben weitgehend entwerten, wenn die Testamentsvollstreckung auf Dauer angelegt ist.
  • Der Testamentsvollstrecker hat eine freie Stellung gegenüber den Erben, er verwaltet den Nachlass (§ 2205 BGB), kann Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen (§§ 2206, 2207 BGB).
  • Die Erben können im Falle der Testamentsvollstreckung über Nachlassgegenstände nicht verfügen (§ 2212 BGB).
  • Der Erbe bekommt während der Testamentsvollstreckung allenfalls lediglich ein Nachlassverzeichnis gem. § 2215 BGB und erhält eine jährliche Rechnungslegung gem. § 2218 BGB.
  • Er hat nach dem Gesetz lediglich einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung gem. § 2216 BGB, wobei dieser Rechtsbegriff eher unbestimmt ist und es dem Erben in der Regel schwer fällt, die Handlungsweise des Testamentsvollstreckers als nicht ordnungsgemäße Verwaltung in diesem Sinne nachzuweisen bzw. ein Gericht insoweit zu überzeugen.
  • Der Testamentsvollstrecker unterliegt keiner Kontrolle des Nachlassgerichtes. Er muss Erben vor seinen Maßnahmen nicht unbedingt um deren Zustimmung fragen. Die Erben sind auf Schadenersatzansprüche angewiesen und können während der Verwaltung allenfalls zivilrechtlich gegen den Testamentsvollstrecker vorgehen, wenn dieser den Nachlass mangelhaft verwaltet.
  • Die Nachteile einer Dauervollstreckung für den Erben können soweit gehen, dass dieser gut beraten ist, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen ggf. einen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, da nicht absehbar ist, ob und ggf. wann er von dem Nachlass ansonsten profitieren kann.
  • Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt erst mit der Annahme, § 2202 BGB. Es können deshalb Wochen und Monate vergehen, in denen der Nachlass ohne verfügungsberechtigte Person ist; denn die Erben dürfen gem. § 2211 BGB nicht verfügen. Dieses kann aber ggf. durch eine Vollmacht vermieden werden.

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