Nicht selten hat ein Erblasser zu Lebzeiten einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, aus dem oft erhebliche Geldbeträge mit dem Erbfall, also dem Tod des Erblassers, zur Auszahlung fällig werden. Wem diese Versicherungsleistungen nach einem Erbfall zustehen, hängt von einer Vielzahl von Faktoren, insbesondere der Gestaltung des Lebensversicherungsvertrages, dem diesbezüglichen Verhalten des Erblassers zu Lebzeiten und auch ggf. vom Verhalten der Beteiligten nach dem Erbfall ab. Derartige Konstellationen sind häufig Gegenstand auch von streitigen Auseinandersetzungen.
Im Regelfall enthält der Lebensversicherungsvertrag die Bestimmung desjenigen, der im Todesfall die Versicherungsleistung erhalten soll. Diese sogenannte Bezugsberechtigung gibt dem Erblasser die Möglichkeit, außerhalb des Erbrechtes Vermögenswerte an einen Dritten weiterzugeben, ohne dass diese in seinen Nachlass fallen. Der begünstigte Dritte erwirbt einen eigenen Anspruch, der aus dem Vermögen der Versicherungsgesellschaft erfüllt wird und nicht aus dem Nachlass des Erblassers. Dieser Umstand hat insbesondere Bedeutung für Ansprüche von Pflichtteilsberechtigten, die sich aus dem Wert des Nachlasses berechnen. Da die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht Nachlassbestandteil sind, geht der Pflichtteilsberechtigte hinsichtlich der Versicherungsleistungen wirtschaftlich im Regelfall leer aus. Dies gilt auch, wenn es sich im Verhältnis des Erblassers zu dem Bezugsberechtigten der Lebensversicherung – wie häufig – um eine Schenkung handelt, obwohl der Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2325 ff. BGB grundsätzlich auch von Schenkungen des Erblassers profitiert, die dieser innerhalb von zehn Jahren vor seinem Todesfall vorgenommen hat. Ob der begünstigte Dritte bzw. Bezugsberechtigte des Lebensversicherungsvertrages die Versicherungsleistung jedoch gegenüber den Erben behalten darf, hängt davon ab, ob das Rechtsgeschäft – in der Regel eine Schenkung – zwischen dem Erblasser und dem begünstigten Dritten bzw. Bezugsberechtigten wirksam zustande gekommen ist und auch rechtlichen Bestand hat. Dies ist häufig deshalb zweifelhaft, weil der Erblasser die gemäß § 518 Abs. 1 BGB für die Wirksamkeit eines Schenkungsversprechens erforderliche notarielle Form nicht eingehalten hat oder – ebenfalls häufig – mit dem Dritten zu Lebzeiten gar keine Schenkungsvereinbarung getroffen hat bzw. sich mit diesem zu Lebzeiten überhaupt nicht dazu ausgetauscht hatte.
Abgesehen von besonderen Konstellationen darf der begünstigte Dritte die Versicherungsleistung auch bei Fehlen eines notariell beurkundeten Schenkungsversprechens gegenüber den Erben behalten, weil mit dem Erbfall der Formverstoß gemäß § 518 Abs. 2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt wird, die hier mit dem Erbfall erfolgt.
Hat der Erblasser zu Lebzeiten überhaupt keine Schenkungsvereinbarung mit dem begünstigten Dritten getroffen, kann es jedoch auch noch nach dem Todesfall bzw. Erbfall zum Zustandekommen einer entsprechenden Schenkungsvereinbarung kommen, die den Rechtsgrund dafür liefert, dass der begünstigte Dritte die Versicherungsleistung behalten darf. Diese Vereinbarung sieht die herrschende Rechtsprechung und Literatur etwa darin, dass die Versicherungsgesellschaft auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Erblasser im Rahmen des Versicherungsvertrages den Begünstigten von seiner Begünstigung im Kenntnis setzt, worin das Angebot zum Abschluss eines Schenkungsvertrages im Namen des Erblassers gesehen wird, das sodann durch den begünstigten Dritten durch eine entsprechende Erklärung – etwa die Abforderung der Versicherungsleistung – angenommen werden kann.
In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass es im Einzelfall rechtliche Möglichkeiten der Erben gibt, das Zustandekommen dieses „nachträglichen“ Schenkungsvertrages zu verhindern oder im Falle einer widerruflichen Bezugsberechtigung diese zuvor zu widerrufen. In derartigen Konstellationen kann es zu einer Art Wettlauf zwischen dem begünstigten Dritten und den Erben kommen, so dass in derartigen Konstellationen dringend kurzfristig Rechtsrat durch die Beteiligten eingeholt werden sollte.
Denn ggf. ist es für die Erben nur durch unverzügliche Erklärungen gegenüber der Versicherungsgesellschaft möglich, ihre Ansprüche an der Versicherungsleistung zu wahren, da es jederzeit nach dem Erbfall zwischen dem begünstigten Dritten und der Versicherungsgesellschaft zu dem beschriebenen „nachträglichen“ Zustandekommen eines Schenkungsvertrages kommen kann, das dem begünstigten Dritten dauerhaft das Recht verschafft, die Versicherungsleistung behalten zu dürfen.
Fazit: Zusammenfassend ist zwar festzuhalten, dass eine Lebensversicherung dem Erblasser die Möglichkeit gibt, außerhalb seines Nachlasses unter Ausschluss von Erben und Pflichtteilsberechtigten wirtschaftliche Zuwendungen zu machen, die erst nach seinem Sterbefall zur Geltung kommen. Dies kann rechtlich jedoch nur gelingen, wenn der Lebensversicherungsvertrag inhaltlich entsprechend gestaltet wird bzw. eine Schenkungsvereinbarung mit dem begünstigten Dritten getroffen wird. Dabei sind dann auch Aspekte zu berücksichtigen, die hier an dieser Stelle wegen ihrer Komplexität nicht im Einzelnen dargestellt werden können. Die lebzeitige Steuerung derartiger Vorgänge kann im Rahmen einer in der Regel ohnehin wünschenswerten anwaltlichen Beratung zur Sterbefallregelung erfolgen.