Grundsätzlich schulden Eltern ihren Kindern eine angemessene Ausbildung. Was angemessen ist, bestimmt sich nach den Fähigkeiten und den Neigungen des Kindes. Dies kann eine Lehre sein, dies kann jedoch aber auch ein Studium sein. Damit Eltern nicht lebenslänglich für ihre Kinder zahlen müssen, ist grundsätzlich nur eine Ausbildung geschuldet. Setzt sich eine Ausbildung aus verschiedenen Ausbildungskomponenten zusammen, müssen diese in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit grundsätzlich den Ausbildungsabschnitt Abitur-Lehre-Studium zugelassen. Die Eltern waren verpflichtet, diese drei Komponenten zu finanzieren. Einen anderen Ausbildungsweg, wie beispielsweise Lehre-Fachoberschule-Studium, wurde von der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen toleriert. Sowohl die Fachoberschule als auch das Studium galten regelmäßig als Zweitausbildung. Von dieser Rechtsprechung scheinen die Obergerichte nunmehr abweichen zu wollen, wie eine von uns vertretene Mandantin erfahren musste. Was war passiert?
Unsere Mandantin lebte von ihrem Kind seit der Trennung vom Kindesvater räumlich getrennt. Dieses wuchs beim Vater auf. Es besuchte ein Gymnasium. Für ein Auslandsjahr wurde die gymnasiale Ausbildung unterbrochen. Aus einem Auslandsjahr wurden zwei Auslandsjahre, sodann kehrte das Kind aus dem Ausland zurück. Es hatte einen Collegeabschluss erhalten, der jedoch nicht gleichwertig mit dem Abitur bewertet, sondern lediglich als mittlere Reife eingestuft wurde. Nach Rückkehr aus dem Ausland passierte zunächst ein halbes Jahr nichts. Danach entschied sich das Kind für eine Ausbildung an einer Privatschule. Die Mandantin ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass nunmehr eine schulische Ausbildung nicht mehr erwünscht sei, sondern dass der Entschluss des Kindes dahingehend ginge, eine Ausbildung zu absolvieren. Vom Standpunkt der bis dato geltenden Rechtsprechung durfte sie sich darauf einrichten, anschließende weiterführende Bildungswege nicht finanzieren zu müssen. Dem war aber nicht so: Nachdem die Ausbildung an der Privatschule abgeschlossen war, entschied sich das Kind, doch eine Fachhochschulreife zu absolvieren. Unsere Mandantin lehnte es aber ab, die Schulzeit zur Erlangung der Fachhochschulreife zu finanzieren. Doch es kam noch schlimmer: Im Anschluss an die Fachhochschulreife entschied sich das Kind, an eine teure Privatuniversität zu wechseln und begehrte sodann von der Mutter auch den Anteil der hohen Studiengebühren. Der Rechtsstreit endete vor dem Oberlandesgericht in Köln. Das Oberlandesgericht in Köln gab unmissverständlich zu verstehen, dass es davon ausginge, dass auch die vom Kind gewählte Ausbildung zu finanzieren sei. Es betrachtete wegen der bisherigen Rechtsprechung die Fachoberschule und das Studium als eine angemessene und sich im zeitlichen Rahmen bewegende Ausbildung. Aufgrund der neuen Gegebenheiten auf dem Ausbildungsmarkt müsse man sich auch für andere Ausbildungswege öffnen. Auf den Umstand, dass der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen (Az.: XII ZR 54/04) darauf hinwies, dass in einer derartigen Konstellation Ausbildungsunterhalt nur zu gewähren sei, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde, stellte das Gericht nicht mehr ab. Es behandelte den vorliegenden Fall als eine geschlossene Erstausbildung.
Fazit: Dies lässt nunmehr nur den Schluss zu, dass die Rechtsprechung gewillt ist, die Eltern deutlich länger in ihre Verantwortung zu nehmen. Das macht für Eltern die Planbarkeit der Finanzierung der Ausbildung ihrer Kinder zukünftig nicht mehr überschaubar und wird wohl auch zu längeren Finanzierungszeiten führen.
Da sich die Parteien vergleichsweise verständigten, wird dieser Fall leider nicht mehr vom Obersten Gerichtshof geprüft werden. Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte sich nunmehr auch der Auffassung des OLG Köln annähern werden.