Der Kindeswille in familiengerichtlichen Verfahren

Vor dem Familiengericht streiten Eltern häufig darüber, wo ihr Kind seinen Lebensmittelpunkt haben soll. Häufig wird mit dem geäußerten Willen des Kindes argumentiert. Der Bundesgerichtshof hat sich jetzt mit der Frage auseinandergesetzt, welche Bedeutung dem geäußerten Kindeswillen zukommt (BGH 27.11.2019, XII ZB 511/18).

Grundsätzlich sollen Kinder ab dem dritten Lebensjahr angehört werden. Das Gericht ist gehalten, den Willen des Kindes festzustellen. Davon zu trennen ist aber die Frage, ob der geäußerte Wille allein die familiengerichtliche Entscheidung tragen kann. Ist der geäußerte Wille, wie häufig, Ausdruck eines massiven Loyalitätskonflikts oder von unrealistischen Vorstellungen geprägt, wird er bei der Beurteilung von untergeordneter Bedeutung sein. Weitere Kriterien sind dann insbesondere die Bindungen des Kindes, die Erziehungsfähigkeit der Eltern, die Bindungstoleranz und schließlich der Kontinuitätsgrundsatz.

Beachtlich ist der Kindeswille, wenn es sich um einen festen, nachvollziehbar begründeten autonomen Entschluss handelt, insbesondere wenn er über einen längeren Zeitraum durchgängig von einem verstandesreifen Kind geäußert wird. Der subjektiv geäußerte Kindeswillen muss sich aber dennoch stets am objektiven Kindeswohl messen lassen. Ist beispielsweise die Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht ausreichend erziehungsgeeignet, wird das Kind in der Regel beim Vater bleiben, auch wenn es zur Mutter möchte.

Ab dem 14. Lebensjahr ist das Kind selbst Beteiligter in einem solchen Verfahren. Je älter die Kinder, desto gewichtiger der Kindeswille. Wenn beispielsweise ein 16-jähriges Kind zum anderen Elternteil wechseln möchte, wird dies, auch wenn es der andere Elternteil nicht trägt, nicht zu verhindern sein.

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