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Sorgerecht
Nach der Kindschaftsreform im Jahre 1998 soll es nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch nach der Scheidung im Regelfall bei einem gemeinsamen Sorgerecht bleiben. Dies bedeutet, dass die Eltern auch nach einer Trennung oder Scheidung weiterhin gemeinsam wichtige Entscheidungen für die gemeinsamen Kinder treffen. Die Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheidet der Elternteil allein, bei dem die Kinder ihren dauerhaften Aufenthalt genommen haben. Sofern kein Ehegatte bei der Scheidung einen Sorgerechtsantrag stellt, verbleibt es auch nach der Scheidung automatisch beim gemeinsamen Sorgerecht. Jeder Ehegatte hat allerdings die Möglichkeit, jederzeit ab Trennung einen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sich zu stellen. Dem Antrag ist gemäß § 1671 BGB stattzugeben, soweit der andere Elternteil zustimmt und das Kind, sofern es das 14. Lebensjahr vollendet hat, nicht widerspricht oder zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf ein Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Eine gemeinsame elterliche Sorge über die Trennung und Scheidung hinaus entspricht nur dann dem Wohl des Kindes, wenn die Eltern bereit und in der Lage sind, sich trotz ihrer Trennung weiter gemeinsam um die Belange des Kindes zu kümmern. Fehlt eine solche Basis, scheidet ein gemeinsames Sorgerecht aus.
Gerade nach der Trennung streiten Eltern oftmals darum, wo sich das Kind aufhalten soll. Dies ist im Ergebnis kein Streit um die Frage eines zukünftigen gemeinsamen Sorgerechtes, sondern ein Streit um den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Deshalb besteht in derartigen Fällen auch die Möglichkeit, nach Trennung einen Antrag beim Familiengericht auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes einzureichen.
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Umgangsrecht
Der nicht betreuende Elternteil hat das Recht zum regelmäßigen Umgang mit seinem Kind. Der Umgang kann nur in extremen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sollten die Eltern, sofern dies möglich ist, im Interesse des Kindes versuchen, ein "Zerren" am Kind zu verhindern und den Umgang einvernehmlich zu regeln. In Konfliktfällen kann das Jugendamt unterstützend und beratend eingeschaltet werden. In Streitfällen muss das Familiengericht über die Häufigkeit des Umganges entscheiden. Die Häufigkeit und Dauer des Umganges richten sich in erster Linie nach dem Alter und dem Entwicklungs- und Gesundheitszustand des Kindes. Eine wesentliche Rolle kann auch die Entfernung zwischen Wohnort des Kindes und des Umgangsberechtigten spielen Der Kindeswille ist ein weiteres Entscheidungskriterium für oder gegen einen Umgang. Dabei spielt das Alter des Kindes eine wichtige Rolle. Je älter das Kind, desto beachtlicher auch der Kindeswille. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist ein Umgang in kürzeren Abständen, dafür aber jeweils auf Stunden beschränkt, in der Regel sinnvoller. Je älter das Kind wird, desto größer können die Abstände werden. Die Besuche sollten dann aber länger dauern und mit einer oder mehreren Übernachtungen verbunden sein. Wochenendbesuche und Übernachtungen kommen im Regelfall ab Vorschulalter bzw. Einschulung in Betracht. Der Abstand zwischen den Besuchswochenenden beträgt dann meistens zwei oder drei Wochen. Dann kommen auch gemeinsame Urlaube in Betracht. Üblich ist auch, dass an den hohen Feiertagen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) sich das Kind zumindest an einem Tag beim nicht betreuenden Elternteil aufhält. Die konkrete Ausgestaltung des Umganges ist aber immer vom Einzelfall abhängig. Es gibt keine starren und festgeschriebenen Regelungen.
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Unterhalt
1. Unterhaltsanspruch
Sind aus der Ehe Kinder hervorgegangen, die noch minderjährig sind, und werden diese nach der Trennung von einem Ehegatten betreut und versorgt, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, sogenannten Barunterhalt zu zahlen. Der angemessene Barunterhalt wird zur möglichst gleichmäßigen Behandlung pauschal als Regelbetrag nach Tabellen festgesetzt. Diese finden sich in den einzelnen Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte. Diese Leitlinien sind in Einkommensgruppen und Altersstufen unterteilt. Je nach Höhe des Einkommens und Alter der Kinder ergeben sich hieraus unterschiedliche Unterhaltsbeträge. Die Unterhaltsleitlinie des Oberlandesgerichtes Dresden, Stand 01.01.2002 können sie unter der Rubrik weiterführende Links abrufen.
2. Gesteigerte Erwerbsobliegenheit bei minderjährigen Kindern
Gemäß § 1603 II BGB sind Eltern gegenüber minderjährigen Kindern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu ihrem Unterhalt und zum Unterhalt der Kinder zu verwenden, wenn kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist, der ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Bedarfs den Unterhalt der Kinder sicherstellen kann. Die Eltern trifft gegenüber minderjährigen Kindern somit eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung. Seit dem 01.07.1998 gilt die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung auch gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.
Für die Eltern, die sich in einer solchen Situation befinden und z. B. arbeitslos sind, besteht insbesondere die Pflicht, sich intensiv um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Es sind diesem Elternteil auch Gelegenheitsarbeiten sowie berufsfremde Tätigkeiten oder Arbeiten unterhalb seiner gewohnten Lebensstellung zuzumuten. In zumutbaren Grenzen ist dem unterhaltspflichtigen Elternteil auch ein Berufswechsel oder Ortswechsel zuzumuten. Den Eltern werden zusätzliche Anstrengungen zugemutet. Sie müssen notfalls Überstunden leisten oder eine Nebenbeschäftigung aufnehmen. Der gegenüber minderjährigen Kindern Unterhaltspflichtige ist daher verpflichtet, alles erdenklich Mögliche zu unternehmen, um in die Lage versetzt zu werden, jedenfalls den Mindestunterhalt zahlen zu können. Wie weit diese Verpflichtungen gehen und welche besonderen Bemühungen vom Unterhaltsschuldner verlangt werden, ist Gegenstand vielfältiger Entscheidungen:
1.
Das Oberlandesgericht Naumburg hat in einem Beschluss vom 17.01.2000 (Az.: 3 WF 202/99) ausgeführt, dass ein Unterhaltspflichtiger, der über besondere Qualifikationen verfügt, sich vorrangig dort bewerben muss, wo für diese Tätigkeiten auch ein Arbeitsmarkt besteht. Die Beschränkung auf den wohnortnahen Bereich stellt in diesem Fall eine Obliegenheitsverletzung dar. In diesem Fall war Unterhaltsschuldner der Vater. Er war BMSR-Mechaniker/Elektriker. Er hat noch eine Zusatzqualifikation erworben. Ausgehend von dieser Qualifikation hat ihn das Oberlandesgericht Naumburg auferlegt, seine Erwerbsbemühungen auf stark industrialisierte Gebiete innerhalb von Deutschland zu erstrecken, insbesondere auf den Großraum München, das Ruhrgebiet und das Rhein/Main-Gebiet. Der Antragsteller hat sich darauf berufen, in einer gefestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu leben. Dies hat das Oberlandesgericht nicht zum Anlass genommen, den Unterhaltsschuldner von der Verpflichtung, sich außerhalb seines Wohnbereiches zu bewerben, zu entbinden. Damit hat der Unterhaltsschuldner in diesem Fall gegen seine Obliegenheitsverpflichtung verstoßen. Deshalb wurde ein sogenanntes fiktives Einkommen zugrunde gelegt. Der Unterhaltsschuldner wurde so gestellt, als hätte er eine bezahlte Arbeit in einem industriellen Ballungsgebiet. Auf Basis des sich daraus ergebenden hypothetischen Einkommens wurde dann der Unterhaltsschuldner verurteilt, Unterhalt zu zahlen.
2.
In einer weiteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20.01.2000 (Az.: 8 UF 182/99) wurde der Unterhaltsschuldner nicht darauf verwiesen, sich in den alten Bundesländern um Arbeit zu bemühen. Er lebte ebenfalls in den neuen Bundesländern. In diesem Fall war der Unterhaltsschuldner im Baugewerbe im Bauhilfsbereich tätig und erzielte - wie im Osten fast üblich - ein recht geringes Einkommen. Das Oberlandesgericht Naumburg hat entschieden, dass der Unterhaltsschuldner nicht verpflichtet ist, beispielsweise sich in den alten Bundesländern um eine Tätigkeit im Baubereich zu bemühen. Dort würde er dann zwar etwas mehr verdienen. Es kämen dann aber höhere Mietkosten und weitere Fahrtkosten auf den Unterhaltsschuldner zu.
3.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Urteil vom 29.06.2000 (Az.: 9 UF 309/99) ausgeführt:
"Ein gemäß § 1603 II BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, d. h. unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten Arbeitsplatzes zu bemühen. Er muss alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt des Kindes verwenden, praktisch alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seine eigene Lebensgestaltung (z. B. Wohnortwechsel) in Kauf nehmen, um ein die Zahlung des Mindestunterhaltes sicherstellendes Einkommen zu erzielen. Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch eine intensive Suche, die dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entspricht, um eine Erwerbsstelle zu bemühen; bei Arbeitsstellen mit geringerem Einkommen ist entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, etwa zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten. Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten dabei weitgehend hinter der elterlichen Verantwortung zurück."
"Legt der Unterhaltspflichtige nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich zumindest so behandeln lassen, als ob er über ein solches Einkommen verfügt, welches ihm die Zahlung des Mindestunterhaltes ermöglicht."
4.
Das Oberlandesgericht Thüringen hat in einem Beschluss vom 15.12.1998 (Az.: WF 87/98) ausgeführt:
"Um der gesteigerten Erwerbsobliegenheit im Sinne des § 1603 II BGB zu genügen, sind durchschnittlich 20 ernsthafte Erwerbsbemühungen im Monat erforderlich."
5.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 14.01.1998 (Az.: 12 UF 479/96) ausgeführt:
"Ein Unterhaltsschuldner ist im Rahmen seiner nach § 1603 II BGB gesteigerten Erwerbsobliegenheit darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses im unterhaltsrechtlichen Sinne nicht zu vertreten hat und er trotz intensiver Anspannung aller Kräfte, nämlich mit einem der Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit entsprechenden Zeitaufwand zu einem früheren Zeitpunkt keine neue Erwerbstätigkeit finden konnte."
6.
Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einem Beschluss vom 12.03.1999 (Az.: 10 UF 157/98) ausgeführt:
"Um den Kindesunterhalt für seine minderjährigen Kinder sicherzustellen, ist ein unterhaltsverpflichteter Vater verpflichtet, neben seiner vollschichtigen Tätigkeit eine Nebentätigkeit auszuüben."
Anhand dieser Entscheidungen wird deutlich, dass an die gesteigerte Erwerbsobliegenheit sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Nur wenn ein Unterhaltsschuldner in der Tat nachweist, dass er sich intensiv und ernsthaft mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bemüht hat, eine geeignete Arbeit zu finden und ihm dies trotzdem nicht gelungen ist, kann er sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen, insbesondere im Falle der Arbeitslosigkeit.
Bei diesen Entscheidungen muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Arbeitsmarktsituation gerade in den neuen Bundesländern ausgesprochen ungünstig ist. Derartige Erwerbsbemühungen werden nur von solchen Unterhaltsschuldnern verlangt, die noch eine (wenn auch geringe) realistische Chance auf dem Arbeitsmarkt haben.