Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
Vorsicht bei der Beschlussfassung – Wer trägt die Kosten für die Beseitigung anfänglicher Mängel am Gemeinschaftseigentum?
Im konkreten Fall geht es um Fenster, die zum Gemeinschaftseigentum gehören und mit sogenannten anfänglichen Mängeln behaftet sind – also Mängeln, die bereits seit Beginn bestehen. Da der Bauträger nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, beschließt die Eigentümergemeinschaft die Mängelbeseitigung und zur Finanzierung eine Sonderumlage, verteilt nach Miteigentumsanteilen.
Ein betroffener Eigentümer ficht diesen Beschluss an mit der Begründung, er verstoße gegen die oben genannte Regelung der Gemeinschaftsordnung.
Die Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof gibt dem Anfechtenden Recht, Az.: BGH, V ZR 36/24. Nach Auffassung des Gerichts sind auch anfängliche Mängel von der Kostentragungsregelung der Gemeinschaftsordnung umfasst.
Der BGH argumentiert im Wesentlichen wie folgt:
- Maßgeblich ist der Wortlaut der Grundbucheintragung.
- Die Formulierung spricht für eine umfassende Kostentragungspflicht des jeweiligen Sondereigentümers.
- Ausnahmen hiervon sind nicht ersichtlich.
- Die Regelung umfasst sowohl die Instandhaltung als auch die Instandsetzung – letzteres bedeutet nach ständiger Rechtsprechung jede Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustands, also auch die erstmalige Herstellung.
Der BGH betont, dass jeder Sondereigentümer die Kosten für die in der Gemeinschaftsordnung genannten Bauteile selbst tragen soll – unabhängig davon, ob es sich um anfängliche oder spätere Mängel handelt.
Darüber hinaus verweist der BGH auf seine ständige Rechtsprechung, wonach Beschlüsse über die Erhebung einer Sonderumlage der ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen, wenn ein falscher Kostenverteilungsschlüssel angewendet wird.
Offene Fragen
Nicht behandelt hat der BGH die Frage, ob und inwieweit die Eigentümergemeinschaft durch den Beschluss eine abweichende Regelung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG getroffen hat.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH sind jedoch ausdrückliche Beschlüsse erforderlich, wenn die Kostenverteilung von der Teilungserklärung abweichen soll. Mit anderen Worten:
Die Entscheidung des BGH hätte möglicherweise anders ausfallen können, wenn die Eigentümergemeinschaft ausdrücklich einen Beschluss gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gefasst hätte, mit dem die Kostenverteilung abweichend von der Teilungserklärung für diesen konkreten Fall geregelt worden wäre.
Ein solcher Beschluss wäre zulässig, sofern keine entgegenstehende Regelung in der Teilungserklärung existiert – etwa eine Kostentragung nach dem Objektprinzip, die sicherstellt, dass einzelne Eigentümer (z. B. eines anderen Gebäudes) nicht mit den Kosten belastet werden (Vgl. hierzu etwa die Entscheidung des V. Zivilsenats vom 14. Februar 2025, Az.: BGH V ZR 128/23).
Das aktuelle Urteil zeigt, wie wichtig präzise Regelungen sind. Wir unterstützen Sie mit unserer Expertise im Miet- und Wohnungseigentumsrecht.
Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann teilen Sie ihn doch mit anderen: