Sozialrecht und Sozialversicherungsrecht
Corona-Infektion als Berufskrankheit bei Logopädin
Unfallkasse fordert Nachweis einer „Indexperson“
Während der Corona-Epidemie musste die Klägerin, teilweise ohne Mundschutz, mit Kindern logopädisch arbeiten. Es kam dabei nachweisbar zu einer Covid-19-Infektion, im Einzelnen konnte nicht festgestellt werden, bei welcher Person die Ansteckung erfolgt ist.
Die zuständige Unfallkasse Sachsen-Anhalt hat die Anerkennung einer Berufskrankheit abgelehnt, da der Nachweis nicht erbracht worden sei, dass sich die Klägerin tatsächlich durch einen intensiven Kontakt zu mindestens einer nachgewiesenen Infektionsquelle während der beruflichen Tätigkeit mit dem Erreger angesteckt hat.
Gefordert wird die konkrete Benennung einer sog. Indexperson. Dies bedeutet, dass die Unfallkasse Sachsen-Anhalt fordert, dass die Betroffene konkret eine Person (Arbeitskollege oder Patient) benennt, bei der es zu der Infektion gekommen ist. Es müsste hier also gleichzeitig auch die positive Corona-Infektion einer anderen Person nachgewiesen werden. Dies ist in der Praxis nahezu unmöglich, auch bietet die Berufskrankheiten-Verordnung dafür überhaupt keine Grundlage.
Warum dieser Nachweis in der Praxis kaum möglich ist
Nach der Verordnung wird eine Infektionskrankheit gefordert, die der Versicherte während einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium erlitten hat oder während einer Tätigkeit, wo er in ähnlichem Maß der Infektionsgefahr besonders ausgesetzt gewesen ist. Von dem Nachweis einer Infektion durch eine Indexperson ist in der Verordnung also überhaupt nicht die Rede, dennoch wird seitens der Unfallkassen bzw. der Berufsgenossenschaften wiederholt der Nachweis einer Indexpersonen gefordert.
Besonderes Infektionsrisiko: Urteil stärkt Beschäftigte im Gesundheitsdienst
Dieser Rechtsauffassung ist nunmehr das Sozialgericht Halle mit dem Urteil vom 14.07.2025 (Az.: S 21 U 24/23) nicht gefolgt. Es wurde festgestellt, dass die Klägerin während ihrer Tätigkeit im Gesundheitsbereich während der Corona-Pandemie mit einem etwa doppelt so hohen Infektionsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung konfrontiert gewesen ist. Eine noch höhere Infektionsgefahr bestand durch die Tätigkeit der Klägerin als Logopädin bei Kindern in einem Krankenhaus. Die logopädische Behandlung würde einen engen physischen Kontakt mit dem Patienten fordern, was das Risiko der Übertragung über Tröpfchen und Aerosole erhöhen würde. Auch müssten gezielt Atem- und Sprechübungen ausgeführt werden, was ebenfalls zu einer Gefahrerhöhung führt.
Diese Erwägungen liegen eigentlich bei der Tätigkeit als Logopädin in einem Krankenhaus auf der Hand, dennoch musste darüber ein mehrjähriges Verfahren geführt werden.
Wie es jetzt weitergeht: mögliche Entscheidung des Bundessozialgerichts
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es bedarf voraussichtlich einer Entscheidung des Bundesozialgerichtes, wenn hier seitens der Unfallversicherungsträger weiter an der Notwendigkeit einer sog. Indexperson festgehalten wird.
Fazit: Berufskrankheit nach Corona-Infektion darf nicht am Indexpersonen-Nachweis scheitern
Die Ablehnung der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Corona-Infektion bei einer Tätigkeit im Gesundheitsbereich oder der Wohlfahrtspflege mit der Begründung einer fehlenden Indexpersonen, bei der es zu einer Infektion gekommen ist, kann in jedem Fall nicht akzeptiert werden. Nach Anerkennung einer Berufskrankheit sind dann Feststellungen darüber zu treffen, welche Gesundheitsschäden aufgrund der Corona-Infektion vorliegen.
Diese Feststellungen werden von den Berufsgenossenschaften nur sehr zurückhaltend getroffen, teilweise erst nach Jahren, der aktuelle medizinische Wissensstand ist noch eher als „schwach“ zu bezeichnen und unterliegt der weiteren Forschung.
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