Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach dem SGB II im Wechselmodell und anderen Betreuungsvarianten

Gemäß § 21 Abs. 3 SGB II haben alleinerziehende Elternteile neben dem Regelbedarf Anspruch auf einen sogenannten Mehrbedarf wegen Alleinerziehung, wenn sie mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) immer dann der Fall, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeiten von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen, wobei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist. Der Normalfall für die Bewilligung von Mehrbedarf wegen Alleinerziehung gestaltet sich also in der Form, dass ein Elternteil allein mit einem minderjährigen Kind in einem Haushalt lebt, dieses allein versorgt und erzieht. Der andere Elternteil nimmt ggf. am Wochenende sein Umgangsrecht mit dem minderjährigen Kind wahr.

Darüber hinaus wurde bereits entschieden, dass eine Alleinerziehung außerdem vorliegen kann, wenn sich geschiedene oder getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassende Intervallen, abwechseln und sich die anfallenden Kosten teilen (BSG v. 03.03.2009, Az.: B 4 AS 50/07 R). Wenn also zwischen den getrennt lebenden Eltern ein sogenanntes Wechselmodell gelebt wird, in welchen die Kinder eine Woche bei dem einen Elternteil und die darauffolgende Woche bei dem anderen Elternteil leben, bekommen beide Elternteile einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung anerkannt. Das Bundessozialgericht hat den Mehrbedarf jedoch auf die Hälfte reduziert.

Nach wie vor ungeklärt war jedoch die Anerkennung von Mehrbedarf wegen Alleinerziehung, wenn es sich nicht um ein so genanntes paritätisches Wechselmodell, d. h. um ein wöchentliches/zweiwöchentliches Wechselmodell handelt, sondern wenn zwischen den Eltern eine Vereinbarung über die Betreuung in anderer Art und Weise getroffen wurde, diese aber über das normale Umgangsrecht hinausgeht. Nunmehr hat das BSG auch diese Frage mit Urteil vom 11.02.2015 (Az.: B 4 AS 26/14 R) entschieden. Die entwickelten Grundsätze zur hälftigen Zuerkennung des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung sind nicht auf andere Gestaltungen, bei denen tatsächlich ein abweichender Anteil der Pflege- und Erziehungsaufgaben praktiziert wird, übertragbar. Übernimmt ein Elternteil in geringerem als annähernd hälftigem zeitlichen Umfang die Betreuung des gemeinsamen Kindes, so steht die Mehrbedarfsleistung allein dem anderen Elternteil zu.
Es ist auch nicht eine anteilige Aufteilung des Mehrbedarfs entsprechend den Betreuungsleistungen vorzunehmen.

Fazit:   Im Ergebnis bleibt es also dabei, dass der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung grundsätzlich dem Elternteil zusteht, der die Verantwortung und das deutliche Schwergewicht in der Betreuungsleistung innehat. Nur im Falle eines Wechselmodells, also für den Fall, dass jeder der Eltern etwa die Hälfte der Versorgung und Erziehungsaufgaben wahrnimmt, ist eine Aufteilung des Mehrbedarfes gerechtfertigt.
Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass auch die hälftige Aufteilung des Mehrbedarfes für Alleinerziehung im Wechselmodell durch die Jobcenter in den seltensten Fällen berücksichtigt wird. Die Bescheide sind daher einer genauen rechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Unbedingt sollte bei Unklarheiten Widerspruch erhoben und gegebenenfalls das Klageverfahren eingeleitet werden.

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