Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einer Entscheidung vom 24.03.2015 seine Rechtsprechung fortgeführt, dass auch erwerbsunfähige volljährige behinderte Menschen, die mit ihren Eltern zusammenleben, den vollen Regelbedarf nach dem SGB XII erhalten (Regelbedarfsstufe 1 entspricht 100 % Grundsicherung, Regelbedarfsstufe 3 entspricht 80 %).
Die Landkreise und Städte gewähren bislang lediglich 80 % der zustehenden Leistungen, was insbesondere auch eine Ungleichbehandlung gegenüber den Empfängern von Leistungen nach dem SGB II darstellt, die zumindest mit dem 25. Lebensjahr den vollen Regelsatz erhalten (davor 80 %), auch wenn sie im Haushalt ihrer Eltern leben.
Das BSG hat bereits am 23.07.2014 in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass es für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 nicht darauf ankommt, dass allein ein eigener Haushalt geführt wird. Es genügt nach Auffassung des Gerichtes, dass gemeinsam mit einer anderen Person ein Haushalt geführt wird, in der Regel mit den Eltern oder einem Elternteil.
Dies bekräftigt das BSG nochmals mit der nun vorliegenden Entscheidung (Az.: B 8 SO 5/14 R), wobei grundsätzlich aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 39 SGB XII von einer gemeinsamen Haushaltsführung auszugehen ist. Es ist also Sache des Sozialhilfeträgers, diese Vermutung zu widerlegen. Zur Widerlegung der Vermutung bedarf es eines qualifizierten Vortrages der Behörde, damit das Gericht überhaupt weiter prüfen muss, ob hier eine Beteiligung an der Haushaltsführung durch den behinderten Mensch vorliegt. Für die Annahme der Beteiligung an der Haushaltsführung genügen nach Ansicht des BSG bereits Tätigkeiten unter Anleitung; Eigeninitiative oder Eigenständigkeit wird nicht verlangt.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat mit Schreiben vom 31.03.2015 nun eine bundesaufsichtliche Weisung erteilt, wonach die zuständigen Leistungsträger angewiesen worden sind, abweichend von der bisherigen Verwaltungspraxis, Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 zu erbringen. Die Weisung soll allein dazu dienen, weitere sozialgerichtliche Verfahren mit unterschiedlichem Ausgang zu vermeiden; die Entscheidungen des BSG werden weiterhin als falsch bewertet.
Fazit: Für Eltern volljähriger behinderter Kinder ist es wichtig, gegen aktuelle Bewilligungsbescheide, die nicht die Regelbedarfsstufe 1 ausweisen (100 % Regelleistung), Widerspruch zu erheben. Soweit die Frist für die Erhebung des Widerspruches von einem Monat versäumt worden ist, kann noch ein Überprüfungsantrag für Leistungen für die Vergangenheit geltend gemacht werden.