Steuerfahndung - Das Finanzamt ermittelt

Was tun, wenn plötzlich frühmorgens die Steuerfahndung vor der Tür steht? Viele geraten in Panik und wissen nicht, wie sie richtig reagieren sollen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen nicht nur, welche Aufgaben und Befugnisse die Steuerfahndung hat, sondern gibt Ihnen vor allem wertvolle Tipps, wie Sie sich in einer solchen Stresssituation am besten verhalten. Erfahren Sie, was hinter den Ermittlungen steckt und wie Sie Ihre Rechte wahren können.

Wer oder was ist die Steuerfahndung?

Zunächst ist es wichtig, zu wissen, wer oder was die Steuerfahndung überhaupt ist.

Die Steuerfahndung ist eine spezialisierte Einheit innerhalb der Finanzverwaltung, die für die Aufklärung steuerlich relevanter Sachverhalte und die Durchführung von Ermittlungen in Steuerstrafverfahren zuständig ist. Sie wird aktiv, wenn ein Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung besteht. Dies kann durch verschiedene Auslöser wie Betriebsprüfungen, Anzeigen von Ex-Mitarbeitern oder die Auswertung von Datenträgern entstehen. Sie kann jedoch auch ohne konkreten Verdacht schon während einer Betriebsprüfung tätig werden, um steuerlich relevante Sachverhalte aufzuklären.

Die Hauptaufgaben der Steuerfahndung umfassen die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen, Beschlagnahme von Unterlagen sowie die Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten. Sie wird daher auch umgangssprachlich als Polizei oder Staatsanwaltschaft des Finanzamts bezeichnet, denn die Befugnisse der Steuerfahndung orientieren sich auch an denen von Staatsanwaltschaft und Polizei. Im Besteuerungsverfahren darf die Steuerfahndung den Steuerpflichtigen befragen und relevante Unterlagen einsehen. Im Steuerstrafverfahren kann sie weitreichende Maßnahmen wie Durchsuchungen und Beschlagnahmen durchführen. Besonders einschneidend sind Maßnahmen der Vermögensabschöpfung, die auch die Beschlagnahme von Bargeld oder die Kontopfändung umfassen können.

Die Steuerfahndung führt Buch über die Ergebnisse ihrer Tätigkeit, die regelmäßig veröffentlicht werden. So wurden im Jahr 2022 durch die Steuerfahndung 30.008 Fälle bearbeitet und Mehrsteuern in Höhe von 2,4 Milliarden Euro festgestellt. Daraus lässt sich die erhebliche Bedeutung ablesen, die die Steuerfahndung generell im deutschen Steuersystem hat. Es lässt aber auch erahnen, welche Konsequenzen für die Betroffenen entsprechende Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung haben. Die Zahlen werden regelmäßig durch das Bundesfinanzministerium veröffentlicht.

Jahr Anzahl Fälle Mehrsteuern in Euro
2019 34.682 2,8 Mrd.
2020 34.140 3,3 Mrd. 
2021 32.050 2,2 Mrd.
2022 30.008 2,4 Mrd.

             
Damit ist selbstverständlich noch nichts darüber gesagt, ob bzw. in welchem Umfang dieses Mehrergebnis bei den Steuern durch die Steuerfahndung berechtigterweise festgestellt wurde. Das Ergebnis der Steuerfahndungsprüfung sollten Sie auf jeden Fall überprüfen bzw. durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater überprüfen lassen.


Wie verhalte ich mich richtig?

In der Regel gibt es zwei Möglichkeiten, wie Sie in einen ersten Kontakt mit der Steuerfahndung geraten.

Nicht selten begleitet die Steuerfahndung den Betriebsprüfer, der in einem Unternehmen eine Betriebsprüfung durchführt. Daher ist es für den betroffenen Unternehmer wichtig, sich bereits frühzeitig, nämlich mit der Ankündigung einer Betriebsprüfung durch das zuständige Finanzamt, anwaltlichen Rat und Beistand zu holen.

Meist entsteht der erste Kontakt zwischen der Steuerfahndung und dem Beschuldigten in einem Steuerstrafverfahren jedoch bei der Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen oder mit einer Vorladung zur Vernehmung oder Aufforderung zur Stellungnahme per Brief. Relativ leicht ist es noch, sich bei dem Erhalt einer solchen Vorladung oder Aufforderung richtig zu verhalten. Man wendet sich an einen Rechtsanwalt und bespricht mit diesem das weitere Vorgehen. Doch wie verhält man sich, wenn die Steuerfahndung vor der Tür steht?

Die Steuerfahndung wird in der Regel sehr früh an der Tür klingeln und mit der Durchsuchung beginnen wollen. Dies ist in den Sommermonaten ab 4.00 Uhr und in den Wintermonaten ab 6.00 Uhr bis jeweils 21.00 Uhr zulässig.

Wichtig zu wissen ist zunächst: Wenn ein gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegt, lässt sich die Durchsuchungsmaßnahme durch die Steuerfahndung sowohl praktisch als auch rechtlich nicht verhindern.

Umso wichtiger ist es, sich in dieser Situation richtig zu verhalten. Denn wenn die Steuerfahndung mit einem Durchsuchungsbeschluss an der Tür klingelt, herrscht bei den Betroffenen – ganz gleich, ob es sich um eine Privatperson oder einen Unternehmer handelt – oft Ratlosigkeit, Hilflosigkeit, Überforderung und vielleicht sogar Panik. Das ist angesichts der Ausnahmesituation für die Betroffenen nur allzu menschlich. Trotz dieser Ausnahmesituation sollte man, auch wenn es schwerfällt, Ruhe bewahren und darauf achten, das Richtige zu tun.

Wichtigstes Ziel sollte daher sein, durch das Verhalten bei der Durchsuchung keine nachteiligen Folgen für das folgende Verfahren entstehen zu lassen. Dies gelingt am besten, wenn sie diese Verhaltensregeln beachten:

  • Die wichtigste Regel ist, dass Sie als Betroffener bzw. Beschuldigter auf keinen Fall mit den Steuerfahndern über den Vorwurf reden sollten. Sie sollten also weder etwas zugeben noch etwas abstreiten. Es gilt auch hier die goldene Regel: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“
  • Die Kommunikation mit den Mitarbeitern der Steuerfahndung sollte sich ausschließlich auf organisatorische Fragen der Durchsuchung beziehen („Kommen Sie herein.“, „Warten Sie bitte kurz, bis ich meinen Steuerberater oder Rechtsanwalt angerufen habe.“). Es gilt, den Versuchungen und Versprechungen der Steuerfahnder zu widerstehen, sich doch zu einer Unterhaltung verleiten zu lassen.
  • Schenken Sie den Steuerfahndern daher in dieser Situation kein oder nur begrenztes Vertrauen! Seien Sie höflich, aber schweigsam!
  • Sie sollten sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen und darauf achten, ob die eigene Wohnung durchsucht wird, weil man Beschuldigter ist oder weil die Steuerfahndung glaubt, hier Beweismittel in einem Verfahren zu finden, dass sich gegen jemand anderen richtet.
  • Sie sollten die Steuerfahnder bitten, mit dem Beginn der Durchsuchung abzuwarten, bis Sie sich mit einem Steuerberater oder einem Rechtsanwalt und Verteidiger in Steuerstrafsachen in Verbindung gesetzt haben. Ob die Steuerfahnder tatsächlich warten, hängt von dem Wohlwollen der durchführenden Beamten ab.
  • Einen Rechtsanwalt anrufen, dürfen Sie jedoch in jedem Fall. In Einzelfällen kann dann eine Vereinbarung zwischen dem Rechtsanwalt und den durchführenden Beamten getroffen werden, dass die entsprechenden Unterlagen von Ihnen selbst herausgesucht und übergeben werden und somit eine intensive Durchsuchung nicht erfolgen muss. Dabei ist wichtig, zwischen dem freiwilligen Heraussuchen und Zusammenstellen und dem freiwilligen Herausgeben im rechtlichen Sinne zu unterscheiden. Sie sollten gegenüber den Steuerfahndern unmissverständlich klarstellen, dass Sie die Unterlagen zwar heraussuchen, dass Sie aber kein Einverständnis mit der Mitnahme der Unterlagen erteilen. Sie sollten genau darauf achten, dass im späteren Durchsuchungsprotokoll beim Feld „Freiwillige Herausgabe“ kein Kreuz gesetzt wird.

Ist die Durchsuchungsmaßnahme beendet oder haben Sie – wie bereits erwähnt – einen Brief mit der Vorladung zur Vernehmung bzw. Aufforderung zur Stellungnahme per Brief, sollten Sie unbedingt einen spezialisierten Rechtsanwalt für Steuerstrafsachen kontaktieren.

Als Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und auf Steuerrecht spezialisierter Rechtsanwalt, unterstütze ich Sie gerne in Ihren Anliegen und Verfahren.

Podcast: Müssen Strafverteidiger immer die Wahrheit sagen?

Carsten Brunzel ist Experte für Strafrecht und vertritt Menschen in den verschiedensten Fällen – von Betrug über Diebstahl und Drogenhandel bis hin zu schweren Kapitaldelikten. Im Podcast "Recht in Sachsen" gewährt er einen Einblick in die Welt der Strafverteidigung und erzählt von den Strategien, die er und sein Team verfolgen, um ihren Mandanten ein faires Verfahren zu sichern.

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