Strafrecht
Haftbefehl und Untersuchungshaft: Voraussetzungen, Ablauf und Rechte von Betroffenen
Wann kommt es zur Untersuchungshaft? – Voraussetzungen für einen Haftbefehl
Ein Haftbefehl darf nur durch eine:n Richter:in erlassen werden – und auch nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen aus der Strafprozessordnung (§ 112 ff. StPO) erfüllt sind. Zunächst muss ein dringender Tatverdacht gegen die beschuldigte Person bestehen. Es müssen konkrete Tatsachen vorliegen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Straftat durch die beschuldigte Person tatsächlich begangen wurde.
Zusätzlich ist mindestens einer der folgenden Haftgründe erforderlich.
- Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO): Wenn zu erwarten ist, dass sich der:die Beschuldigte dem Verfahren entzieht.
- Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO): Wenn die Gefahr besteht, dass Beweismittel beseitigt oder Zeug:innen beeinflusst werden könnten.
- Wiederholungsgefahr (§ 112 a StPO): Bei bestimmten schweren Delikten, wenn zu befürchten ist, dass der:die Beschuldigte weitere gleichartige Straftaten begehen wird.
Auch wenn Tatverdacht und Haftgrund vorliegen, muss die Anordnung der Untersuchungshaft immer verhältnismäßig sein. Die Haft darf nur angeordnet werden, wenn kein milderes Mittel geeignet ist, den Zweck, also die Sicherung des Verfahrens, zu erreichen.
Untersuchungshaft: So läuft die Haftbefehlseröffnung ab
Nach der Festnahme erfolgt die sogenannte Haftbefehlseröffnung vor dem oder der Ermittlungsrichter:in beim Amtsgericht im Rahmen einer persönlichen Anhörung. Die Haftbefehlseröffnung muss spätestens am Tag nach der Festnahme erfolgen. Dabei wird der von der Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehl der beschuldigten Person mündlich eröffnet. Es werden die darin enthaltenen Tatvorwürfe erläutert sowie die rechtlichen Gründe für die Untersuchungshaft. Im Rahmen der Haftbefehlseröffnung ist der anwaltliche Beistand verpflichtend. Dieser kann selbst benannt werden oder er wird vom Gericht bestellt. Die beschuldigte Person hat das Recht zu schweigen oder sich zur Sache bzw. zu den Haftgründen äußern.
Nach der Anhörung entscheidet das Gericht, ob der Haftbefehl vollzogen und Untersuchungshaft angeordnet wird, der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt (z. B. gegen Auflagen wie Meldepflicht oder Sicherheitsleistung) oder aufgehoben wird, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtsmittel gegen die Untersuchungshaft: Haftprüfung und Haftbeschwerde
Gegen die Anordnung der Untersuchungshaft können Beschuldigte verschiedene Rechtsmittel einlegen, um die Haft überprüfen zu lassen. Die sogenannte Haftprüfung nach § 117 StPO kann jederzeit beantragt werden und findet meist im Rahmen einer erneuten persönlichen Anhörung für dem Amtsgericht statt. Daneben steht die Haftbeschwerde nach § 304 StPO zur Verfügung. Diese richtet sich ebenfalls gegen den Haftbefehl und wird durch ein übergeordnetes Gericht entschieden. Haftprüfung und Haftbeschwerde können auch parallel oder nacheinander genutzt werden.
Fazit
Ein Haftbefehl und die Anordnung von Untersuchungshaft greifen tief in das Grundrecht auf Freiheit der Person ein und sind deshalb nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig. Die Haftbefehlseröffnung bietet der beschuldigten Person die Möglichkeit, ihre Rechte wahrzunehmen und insbesondere durch den:die Anwält:in gegen die Inhaftierung vorzugehen. Mit anwaltlicher Unterstützung können auch im frühen Verfahrensstadium Maßnahmen ergriffen werden, um die Haft zu überprüfen oder ihre Vollziehung abzuwenden.
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