Zwar gibt es im Strafverfahren die Möglichkeit der Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Diese sog. Pflichtverteidigung hat aber nichts mit der finanziellen Lage des Beschuldigten zu tun. Die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung sind gesetzlich geregelt. Die Kosten der Pflichtverteidigung werden gegenüber der Staatskasse abgerechnet. Im Falle einer Verurteilung trägt dann der Verurteilte die Kosten des Verfahrens, wozu auch die Kosten des Pflichtverteidigers gehören.
Seit 2016 ist die Richtlinie (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren in Kraft getreten. Vorgesehen ist, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Pflichtverteidigers schon frühzeitig im Vorverfahren zu treffen ist. Danach muss zunächst sichergestellt sein, dass beschuldigte Personen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistands verfügen, Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, wenn es im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist. Dahingehend soll folgende Prüfung vorgenommen werden: Bedürftigkeit und Begründetheit. Eine Entscheidung darüber, ob Prozesskostenhilfe bewilligt oder abgelehnt wird, soll unverzüglich und spätestens vor einer Befragung durch die Polizei, eine andere Strafverfolgungsbehörde oder eine Justizbehörde erfolgen.
Die Umsetzungsfrist dieser Richtlinie ist bereits im Mai 2019 abgelaufen. Inzwischen wurde ein Regierungsentwurf veröffentlicht, der auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eingestellt ist. Bezogen auf Vernehmungen, die in Ermittlungsverfahren seit Mai 2019 durchgeführt worden sind, ohne dass der Beschuldigte über sein Recht, die Bestellung eines Pflichtverteidigers bereits vor Durchführung der Vernehmung beantragen zu können, belehrt worden ist, ist zu prüfen, inwiefern ggf. Verwertungsverbote bestehen.