Immer häufiger müssen Eltern, die auch zugleich Inhaber eines Internetanschlusses sind, beim Gang zum Briefkasten feststellen, dass sie unangenehme Post vom Anwalt erreicht. Es wird ihnen dann mitgeteilt, sie sollten sofort eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben und hätten Abmahnkosten und Schadensersatz zu zahlen. Schnell ergibt die hausinterne Recherche, dass die eigenen Kinder sich „kostenfrei“ und leider auch illegal ein Computerspiel, Musik oder einen Film im Netz besorgten und dabei übersahen, dass sie zugleich ebenso illegal anderen Nutzern das jeweilige Werk zum Download anboten.
Seit der sogenannten Morpheus-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15.11.2012 (Az.: I ZR 74/12) ist klar, dass Eltern nicht für jede illegale Filesharing-Aktivität ihres Kindes haften.
Ob Eltern für das gesetzwidrige Verhalten ihrer Nachkommen einstehen müssen, bestimmt sich zunächst nach dem Alter der Kinder. Hier muss unterschieden werden zwischen voll- und minderjährigen Kindern.
Anfang des Jahres hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienmitgliedes nicht haftet (Urteil vom 08.01.2014, Az.: I ZR 169/12). Dabei müsse der Anschlussinhaber auch keine besonderen Belehrungen zur Nutzung des Internets ausbringen. Das oberste Gericht verwies in seiner Entscheidung darauf, dass mit Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und dem Umstand, dass Volljährige für ihr Verhalten grundsätzlich eigene Verantwortung tragen, keine besonderen Vorkehrungen oder Überwachungen des Volljährigen zu treffen seien. Etwas anders gilt nur dann, wenn die konkrete Befürchtung besteht, dass das volljährige Familienmitglied den Anschluss dazu missbraucht, um rechtswidrig an Tauschbörsen teilzunehmen. Eine bloße abstrakte Gefahr zum illegalen Download reicht nicht aus. Anhaltspunkte für eine solche Gefahr sind grundsätzlich vorangegangene Abmahnungen.
Mit einem solchen Fall hatte sich unlängst das Landgericht Rostock, Urteil vom 31.01.2014 (Az.: 3 O 1153/13 [1]) zu befassen. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass in einem solchen Fall den Anschlussinhaber grundsätzlich Warn- und Kontrollpflichten treffen, die jedoch nicht so weit gingen, als das der Anschlussinhaber sicherstellen müsse, dass den volljährigen, bereits urheberrechtlich einmal auffällig gewordenen Familienmitgliedern, der Zugang zum WLAN vollständig versagt werden müsse. Es reiche aus, dass die Eltern die volljährigen Kinder auf das Verbot des illegalen Filesharings hinweisen. Dass auch entsprechende gelegentliche Kontrollen auf deren Rechner notwendig sind, um einer sogenannten Störerhaftung zu entgehen, scheint nach der Auffassung des Landgerichts Rostock ausdrücklich erwünscht gewesen zu sein.
Zur rechtlichen Absicherung wären großzügige Kontrollen sicherlich vorteilhaft. Sollte sich bei diesen Kontrollen jedoch ein wiederholter Verstoß ergeben, wird den Eltern zur eigenen Sicherheit grundsätzlich nichts anderes übrig bleiben, als die volljährigen Kinder vom Anschlusszugang auszusperren.
Andere Verpflichtungen treffen Eltern von minderjährigen Kindern. Hier kommt immer eine direkte Haftung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betracht. Jüngere minderjährige Kinder dürfen den Anschluss ausschließlich unter Aufsicht nutzen, soweit sie intellektuell noch nicht in der Lage sind, die Risiken, die sich durch die Nutzung des Internets ergeben, zu überschauen. Mit zunehmender Einsichtsfähigkeit entfällt für Eltern diese permanente Kontrollpflicht. Sie sind jedoch gehalten, die Kinder über das Verbot der Teilnahme an illegalen Tauschbörsen zu belehren. Daneben bestehen keine anlasslosen weiteren Überwachungspflichten der Eltern durch regelmäßige Kontrollen des Nutzerverhaltens der minderjährigen Kinder, wie der Bundesgerichtshof in der eingangs erwähnten Morpheus-Entscheidung ausdrückliche erklärt.
Wie sich Richter eine solche Belehrung vorstellen, zeigt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Berlin vom 24.01.2014 (Az.: 15 S 16/12). Danach komme es darauf an, dass der Anschlussinhaber vortragen könne, wann und mit welchem Inhalt die Belehrung der Kinder erfolgte. Zweifel an einer Belehrung gingen zu Lasten der Eltern, so dass diese wegen Verletzung der Aufsichtspflicht haften.
Es ist Eltern daher dringend anzuraten, den Zeitpunkt der Belehrung zu notieren, um im Bedarfsfalle genaue Angaben hierüber machen zu können. Zudem sind die Eltern insbesondere verpflichtet, dem Minderjährigen auch zu erklären, woran sie erkennen, wann es sich um einen legalen, vom Urheber gebilligten Prozess handelt und wann nicht. Es empfiehlt sich, die Einzelheiten der Belehrung aufzunotieren, um später den gerichtlichen Anforderungen auch gerecht werden zu können.
Angemerkt sei auch, dass allein der Umstand, dass der Anschlussinhaber bei Erfüllung seiner Hinweis- und Kontrollpflichten frei von Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen wird, noch nicht den familiären Frieden wiederherstellt. Vielmehr droht dem Verletzer, in diesem Fall dem Kind, dass es dann vom Rechteinhaber bzw. deren Anwälten in Anspruch genommen wird.