Grundsätzlich spricht in einem solchen Fall aufgrund des Vorfahrtsverstoßes des B ein so genannter Beweis des erstes Anscheins für ein alleiniges Verschulden des B. Steht jedoch fest, dass der A dem B durch Blinkzeichen zuvor den Eindruck vermittelte, abbiegen zu wollen, kann die Haftungsentscheidung hierdurch schon wieder ganz anders ausfallen. Zunächst ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Vorfahrtsberechtigte sein Vorfahrtsrecht nicht dadurch verliert, dass er, wie der A, einen Abbiegevorgang durch Blinken ankündigt. Denn von einem Wartepflichtigen wird erwartet, dass er misstrauisch an die Vorfahrtstraße heranfährt und im Zweifel wartet. Die hohen Sorgfaltsanforderungen, die ein Wartepflichtiger zu beachten hat, erfordern auch, dass verkehrswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten einkalkuliert wird. Auf den aufgrund des Blinkens des A geschaffenen Vertrauensgrundsatz kann sich der B daher nur eingeschränkt berufen. Die Mithaftung des A dürfte in einem solchen Fall dennoch bei 1/4 bis 1/3 liegen.
Hat der A jedoch nicht nur geblinkt, sondern sein Fahrzeug auch noch verlangsamt und zur rechten Fahrbahnseite hin eingeordnet, sodass er seine – an sich nicht vorhandene – Abbiegeabsicht durch seine Fahrweise objektiv zum Ausdruck gebracht hat, kann hieraus unter Umständen auch eine alleinige Haftung beim A verbleiben.
Fazit: Grundsätzlich sollte der Wartepflichtige also stets unter größtmöglicher Sorgfalt an die Kreuzung heranfahren und mit Verkehrsverstößen des vorfahrtsberechtigten Verkehrs rechnen. Oftmals streitet der Vorfahrtsberechtigte ein vorangegangenes Blinken ab. Der Wartepflichtige muss ein solches Blinken jedoch beweisen. Da dies ohne Zeugen oftmals nicht möglich ist, bildet eine überwiegende bzw. alleinige Haftung des Wartepflichtigen aufgrund des gegen ihn wirkenden Anscheinsbeweises daher die Regel.