Sommerurlaub mit dem Auto – Was tun bei einem Unfall im Ausland?

Ob Italien, Kroatien oder Frankreich – wer mit dem Auto ins Ausland reist, freut sich auf Sonne und Freiheit. Doch ein Unfall im Ausland kann schnell zum Stressfaktor werden.

Was tun, wenn keine Polizei kommt? Wer haftet nach welchem Recht? Und wie läuft die Schadenregulierung ab? In unserem Beitrag geben wir einen kompakten Überblick, was im Ernstfall wichtig ist – von der Beweissicherung über den Kontakt zum ausländischen Versicherer bis hin zur möglichen Klage vor deutschen Gerichten. 

1. Unfallaufnahme im Ausland – Was tun, wenn keine Polizei kommt?

Bei Blechschäden ohne Personenschaden kommt im Ausland des Öfteren keine Polizei, auch wenn man nach ihr ruft, wie es vielfach empfohlen wird. Zur Sicherung eigener Ansprüche gilt wie immer: Möglichst Fahrzeugendstellungen fotografisch so dokumentieren (=Beweissicherung), dass man diese später auch noch nachstellen könnte, was heutzutage mit dem Smartphone innerhalb kürzester Zeit möglich ist. So lange sollte man das Hupen des nachfolgenden Verkehrs auch ertragen. Die Warnweste aber bitte direkt mit dem Aussteigen anziehen. Im Übrigen Unfallstelle absichern oder wieder freimachen.

Der Datenaustausch mit dem Unfallgegner oder die Erfassung von Zeugen kann dann immer noch erfolgen, wobei man insbesondere in Erfahrung bringen sollte, wer fuhr und bei welchem Versicherer das andere Fahrzeug „versichert“ ist.

2. Wer haftet? – Die Schuldfrage richtet sich nach ausländischem Recht

Die Schuldfrage, also wer den Unfall letztlich verursacht hat und wer haftet, weil bestimmte Verhaltensregeln nicht beachtet wurden, bestimmt sich nach dem (materiellen) Recht des Staates, in welchem der Unfall stattgefunden hat, also nach dem ausländischem Recht des Unfallortes.

Entsprechendes gilt dann auch für die einzelnen Schadenspositionen und die Höhe des Schadenersatzes, die neben dem entstandenen Fahrzeugschaden beim Unfallgegner geltend gemacht werden können, denn nicht immer können z. B. Gutachterkosten, Nutzungsausfallentschädigung, Mietwagenkosten oder die Kosten für einen Rechtsanwalt – wie in Deutschland – mit Erfolg beansprucht werden. Es gibt teilweise deutliche Unterschiede, über die man sich im Vorfeld aber keine Gedanken machen sollte, denn man kann daran nichts ändern. Bescheid zu wissen, wirkt aber beruhigend.

3. Der Regulierungsbeauftragte – Ansprechpartner für EU-Auslandsunfälle

Ereignet sich der Unfall mit einem im EU-Ausland versicherten Fahrzeug hat man es, was kaum überrascht, meist auch mit einem ausländischen Versicherer zu tun. Jeder ausländische Versicherer, der in der EU Versicherungsprodukte verkauft, ist zugleich verpflichtet, einen sog. Regulierungsbeauftragten in Deutschland zu benennen, der dann für den ausländischen Versicherer als Regulierungsbeauftragter (Ansprechpartner) auftritt. Man kann also in deutscher Sprache mit dem ausländischen Versicherer über den Regulierungsbeauftragten (was in der Regel ein deutscher Versicherer ist) kommunizieren.

Welcher deutsche Versicherer Regulierungsbeauftragter für den betreffenden ausländischen Versicherer ist, kann jedermann über den Zentralruf der Autoversicherer telefonisch 0800 25 02 600 oder online erfragen und dann auch direkt Kontakt zu diesem aufnehmen. Kennzeichen, Unfalldatum und Versicherer hat man ja beim Datenaustausch – hoffentlich – notiert.

4. Auslandsschutz – Sinnvoller Zusatz bei Reisen außerhalb der EU?

Wer in Ländern unterwegs ist, in denen die Erstattungssummen deutlich niedriger sein können (Serbien, Montenegro oder Albanien) kann sich bei seinem eigenen Versicherer den sogenannten „Auslandsschutz“ einkaufen.

Aber Vorsicht: Diese Zusatzleistungen greifen nur, wenn der Unfall vom Gegner verursacht wurde, man selbst also unverschuldet einen Unfall erlitten hat. Diese Frage ist aber – bei ausländischem Recht – nicht immer so klar erkennbar. Wenn er unverschuldet war, leistet die Zusatzversicherung dann aber so, als wäre der Unfall in Deutschland passiert.

Ohne „Auslandsschutz“ wäre zumindest der eigene Fahrzeugschaden – unverschuldet oder nicht, sofern der Unfall zumindest nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde – aber immer auch dann „abgedeckt“, wenn für das eigene Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung besteht und diese dann in Anspruch genommen werden kann.

Ob der Kaskoschutz auch im Land des Unfalls gilt, kann für alle EU-Staaten und auch zahlreiche Nicht-EU-Mitglieder in Europa bejaht werden und mit einem zusätzlichen Blick in die (eigenen) Versicherungsbedingungen ebenso leicht selbst überprüft werden.

5. Streitfall vor Gericht – Auch der Klageweg ist in Deutschland möglich

Kommt man außergerichtlich auch über den Regulierungsbeauftragten nicht zu einer zufriedenstellenden Regulierung des entstandenen Unfallschadens stellt sich die Frage nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Auch insoweit ist geklärt, dass der ausländische Versicherer, der verklagt werden müsste (Achtung: nicht den Regulierungsbeauftragten verklagen!) vor einem deutschen Gericht in Anspruch genommen werden kann, und zwar vor dem zuständigen Amts- oder Landgericht, welches für den allgemeinen Wohnsitz des unfallgeschädigten Klägers zuständig ist.

Verklagt werden kann – in Deutschland – aber immer nur der ausländische Versicherer, nicht dagegen der (ausländische) Fahrer oder Halter, sofern diese ihren Wohnort im Ausland haben. 
Der deutsche Unfallgegner, mit Wohnsitz in Deutschland, kann natürlich verklagt werden, hat aber meist einen anderen Gerichtsstand als man selbst. Aber, auch der Unfall mit einem Inländer im Ausland wird grundsätzlich nach dem Recht des Unfallortes, also nach ausländischem Recht von einem deutschen Gericht entschieden – theoretisch, denn meist ist das ausländische Recht dem deutschen Richter gänzlich unbekannt, weshalb vielfach „unsauber“ agiert wird. Der Richter hat aber die Pflicht zur Ermittlung des ausländischen Rechts. Wie er seiner Verpflichtung nachkommt, steht in seinem Ermessen.

Übrigens: Auch der eigene Anwalt, der eine Klageerhebung empfohlen hat, hat das ausländische Recht zu kennen, denn bei einer Falschberatung seines Mandanten haftet er – wie immer.

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