Trunkenheitsfahrt: „Ich habe nichts getrunken! Das muss am Bonbon liegen!“

Verkehrsrecht

Wird bei einem Fahrzeugführer Alkohol in der Atemluft festgestellt, bekommen die Polizeibeamten nicht selten kreative und auch weniger kreative Geschichten zu hören. Mit dem Mythos „Lutschbonbon“ hatte sich vor kurzem auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden auseinanderzusetzen.

Worum geht es?

Soviel vorweg: Es geht nicht um die Frage, ob durch das Lutschen eines Bonbons ein Atemalkoholtest positiv ausfallen kann. Fraglich ist, ob die Atemalkoholkontrolle unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durchgeführt und somit verwertbar ist. Der Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 28.04.2021, Az.: OLG 22 Ss 672/20 [B]) liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Betroffene wurde als Fahrzeugführer einer Atemalkoholkontrolle mit dem Gerät Dräger ALCOTEST 9510 DE unterzogen. Das Gerät zeigte eine Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l an. Damit hatte der Betroffene gerade so die Schwelle von 0,25 mg/l überschritten und stand unter dem Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz. Im Falle der erstmaligen Begehung drohen 500,00 Euro Geldbuße und ein Monat Fahrverbot. Weiterhin wird der Vorfall mit zwei Punkten im Fahreignungsregister vermerkt. Konfrontiert mit den drohenden Rechtsfolgen, wandte der Fahrzeugführer ein, dass er unmittelbar vor dem Atemalkoholtest ein Lutschbonbon der Marke „Fisherman´s Friend“ im Mund hatte und es zu Beginn der Messung runterschluckte.

Im Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht wurde die Frage aufgeworfen, ob dadurch eine Verfälschung des Atemalkoholwerts zu erwarten sei. Da der Bußgeldrichter jene Frage mangels entsprechender Kenntnisse nicht selbst beantworten konnte, wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass das Lutschen eines Bonbons keinerlei Einfluss auf das Messergebnis gehabt haben kann. Dementsprechend wurde der Fahrzeugführer verurteilt.

OLG Dresden sagt: Ordnungsgemäßer Atemalkoholtest notwendig!

Gegen das Urteil legte der Fahrzeugführer Rechtsbeschwerde ein. Somit hatte das OLG Dresden über die Sache zu entscheiden. Zutreffend sah das OLG das Problem nicht in einer etwaigen Beeinflussung des Messergebnisses, sondern in einer möglichen Abweichung von den gesetzlichen Rahmenbedingungen eines Atemalkoholtests.

Grundsätzlich ist die Bestimmung der Atemalkoholkonzentration ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Es dürfen nur Messgeräte verwendet werden, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsministeriums gestellten Anforderungen genügen. Jenes Gutachten verlangt vor der Durchführung der Atemalkoholkontrolle eine 10-minütige Kontrollzeit. Dadurch soll grundsätzlich eine Verfälschung der Messwerte ausgeschlossen werden. In der Kontrollzeit darf der Betroffene keinerlei Substanz zu sich genommen haben. Wird die Kontrollzeit nicht eingehalten, führt das nicht automatisch zu einer Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Liegt das Messergebnis jedoch nur geringfügig über dem Grenzwert von 0,25 mg/l, darf der Wert nur bei Einhaltung der Kontrollzeit verwertet werden. Folgerichtig bedarf es dann auch keiner Begutachtung durch einen Sachverständigen.

Da das OLG an die Feststellungen des Amtsgerichts gebunden ist und die Einlassung des Betroffenen in der ersten Instanz nicht als Schutzbehauptung abgetan wurde, musste die „Bonbon-Geschichte“ berücksichtigt werden. Das OLG hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf.

Ein spezialisierter Anwalt weiß, worauf es im Rahmen einer Atemalkoholkontrolle ankommt und kann Ihnen im Idealfall durch lösungsorientierte Sachverhaltsaufklärung zum gewünschten Erfolg verhelfen.

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