Motorradfahrer sind bei Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern besonders gefährdet. Anders als die Insassen eines Pkw wird ein Zweiradfahrer nicht von einer Fahrgastzelle geschützt. Um sich vor schweren Verletzungen schützen zu können, ist der Fahrer eines Motorrades daher auf geeignete Schutzkleidung angewiesen. Das Tragen eines geeigneten Motorradhelmes ist gesetzlich ohnehin vorgeschrieben.
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hatte in einem Berufungsverfahren über die Frage zu entscheiden, ob darüber hinaus eine Verpflichtung besteht, bei der Nutzung eines Motorrades spezielle Motorradschuhe zu tragen, wie sie durch den Fachhandel angeboten werden. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall kollidierte der Fahrer eines Motorrades mit einem anderen Pkw. Zum Unfallzeitpunkt trug der Kläger neben einem Motorradhelm eine Motorradjacke und Motorradhandschuhe. Daneben war er nur mit einer Arbeitshose und Sportschuhen bekleidet. Bei der Kollision mit dem Fahrzeug wurde der Motorradfahrer schwer verletzt. Die erlittene Verletzung war so schwer, dass der Unterschenkel amputiert werden musste.
Die beteiligte Haftpflichtversicherung vertrat die Ansicht, dass der Schmerzensgeldanspruch wegen eines Mitverschuldens an den erlittenen Verletzungen herabzusetzen sei, da der Kläger anstatt fester Motorradschuhe lediglich Sportschuhe getragen habe.
In seinem Beschluss vom 09.04.2013 (Az.: 3 U 1897/12) hat das OLG Nürnberg, nachdem bereits das erstinstanzliche Gericht den Mithaftungseinwand zurückgewiesen hatte, die Ansicht des Ausgangsgerichts bestätigt. Eine entsprechende Pflicht zum Tragen geeigneter Schuhe könne nach Ansicht des OLG nur dann angenommen werden, wenn ein allgemeines Verkehrsbewusstsein vorhanden ist. Dies könne jedoch nicht angenommen werden, da bereits nicht ersichtlich ist, auf welche Art von Schuhen sich ein solches Bewusstsein beziehen soll. Schon die Vielfalt des in Frage kommenden Schuhwerks stehe dem entgegen. Motorradschuhe können aus dünnem oder dickem Leder oder Lederimitat bestehen, die Schuhe können in bestimmten Bereichen durch Plastik oder Metallteile verstärkt sein oder auch nicht. Eventuell kann die Schutzfunktion auch durch andere Schuhe erfüllt werden, wie z. B. durch Arbeitsschutzschuhe oder hohe Wanderschuhe. Im Ergebnis war das Schmerzensgeld daher nicht zu kürzen.
Unstreitig ging das Oberlandesgericht jedoch davon aus, dass das Tragen geeigneter Schutzausrüstung in unterschiedlichen Studien ausdrücklich empfohlen wird, um die Verletzungsgefahr herabzusetzen. Das für den Kläger letzten Endes günstig ausgegangene Urteil kann daher nicht bedeuten, dass auch andere Motorradfahrer auf vollständige geeignete Schutzkleidung verzichten. Wie der Fall nämlich auch zeigt, können die Verletzungen im Fuß- bzw. Beinbereich sehr schwer sein mit gravierenden Auswirkungen für die Zukunft.