Benutzung von Fahrrädern, E-Bikes und E-Scootern unter Alkoholeinfluss: Böse Überraschungen nach Abschluss eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens

Verkehrsrecht

Eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Thema Elektrokleinstfahrzeuge gibt Anlass, erneut auf die Risiken hinzuweisen, die mit der alkoholbeeinflussten Benutzung dieser und anderer (Fahrräder, E-Bikes) Fahrzeuge verbunden sind.

Allen Fahrzeugarten ist gemeinsam, dass ihre Verwendung unter dem Begriff „Fahrzeug“ in der Straßenverkehrsordnung und/oder Strafgesetzbuch geregelt ist. In § 23 StVO werden beispielsweise die sonstigen Pflichten von Fahrzeugführenden bzw. das, was beim Fahrzeugführen zu unterlassen ist, beschrieben.

Fahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift können Fahrräder inkl. E-Bikes, E-Scooter und natürlich auch PKWs etc. sein. E-Scooter sind per Definition in der Elektrokleinstfahrzeugverordnung als Kraftfahrzeuge einzuordnen. Für Kraftfahrzeuge gelten besondere und schärfere Regeln.

Wer alkoholisiert ein Fahrzeug nutzt, begeht dann, wenn er nicht in der Lage ist, dieses sicher zu führen, eine Straftat nach § 316 StGB. Handelt es sich in diesem Fall um Kraftfahrzeuge, bewegt man sich ab einem Wert von 1,1 Promille im Bereich absoluter Fahrunsicherheit. Der Gegenbeweis, dass sich man als routinierter Alkoholkonsument die notwendige Sicherheit zum Fahrzeugführen erarbeitet habe, ist nicht zulässig. Für Radfahrer, zu denen auch E-Bike-Fahrer gehören, gilt als Grenzwert 1,6 Promille.

Wann droht Radfahrern die Entziehung der Fahrerlaubnis?

Die Entziehung der Fahrerlaubnis im Strafverfahren (im Unterschied zum Verwaltungsverfahren) folgt dann bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges aus § 69 StGB. Fahrrad- und E-Bike-Fahrer unterfallen dem § 69 StGB aber nicht, sodass sie im Strafverfahren nicht mit einer Entziehung einer eventuell vorhandenen Fahrerlaubnis rechnen müssen (s. aber unten zum Verwaltungsverfahren).

Wer, ohne sonst aufzufallen, bis 1,6 Promille mit dem E-Bike unterwegs ist, riskiert also weder Strafe noch Führerschein. Selbst ab 1,6 Promille ist man den Führerschein erstmal nicht los. Ganz anders bei der E-Scooter-Benutzung unter diesen Bedingungen. Hier galt bislang der Grenzwert für Kraftfahrer, nämlich 1,1 Promille mit der Folge des Verlustes der Fahrerlaubnis neben der sonstigen Straffolge.

Der Bundesgerichtshof hat aber nun in einer Entscheidung im März Zweifel daran gesät, ob dieser Grenzwert auch auf Nutzer von E-Scootern angewendet werden darf. Leider wurde aber nur festgestellt, dass es hierzu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gebe. Damit meint der BGH aber nur sich selbst. Der zur Entscheidung anstehende Fall war leider beim Tatbestand nicht hinreichend aufgeklärt, sodass sich der BGH außerstande sah, sich zur Frage des Grenzwertes zu äußern. Der Umstand, dass er aber dennoch in der Entscheidung darauf hinwies, dass die Frage noch klärungsbedürftig sei, spricht dafür, dass für die Zukunft durchaus zu erwarten ist, dass die E-Scooter-Benutzung dem Benutzen von Fahrrädern gleichgestellt wird. Für laufende oder noch beginnende Verfahren sollte man das als Verteidiger im Hinterkopf behalten.

Der Verlust der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren

Gleichgültig welche Richtung die Rechtsprechung später einschlägt, bleiben die Regeln für Zweifel an der generellen Fahreignung im Verwaltungsverfahren davon unberührt. Hier gilt mindestens ein Grenzwert von 1,6 Promille auch für Radfahrer, denn sie sind auch Fahrzeugführende.

Erreicht man bei Benutzung eines Fahrzeuges diesen Wert, kann die Fahrerlaubnisbehörde den Nachweis der gleichwohl noch bestehenden generellen Fahreignung durch Auflage der Beibringung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung verlangen.

Weil die Fahrerlaubnisbehörde oft erst eine gewisse Zeit nach Abschluss eines Strafverfahrens über den Umweg über das Kraftfahrtbundesamt von der Tat erfährt, kann das dann dort beginnende Verfahren zu einer bösen Überraschung werden.

Die Frist, die man für die Vorlage des Gutachtens erhält, wird kaum länger als 3 Monate sein. Bedenkt man, dass inzwischen für eine positive MPU-Begutachtung der Nachweis einer längeren Abstinenzzeit oft Voraussetzung ist (mindestens 6 Monate), wird klar, dass die Vorlagefrist nicht einzuhalten ist. Folge ist somit unausweichlich der Verlust der Fahrerlaubnis. Das trifft dann auch den Rad- oder E-Scooterfahrer, selbst wenn sich zu seinen Gunsten die Rechtsprechung nach einer eventuellen weiteren BGH-Entscheidung von der Anwendung des 1,1 Promille-Grenzwertes verabschieden muss.

Was folgt daraus?

Wer als Fahrrad- oder E-Scooterfahrer einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Benutzung eines solchen Fahrzeuges unter Alkohol ausgesetzt ist, sollte sich dringend so früh wie möglich beraten lassen, welche späteren Folgen im Verwaltungsverfahren entstehen können. Im Zweifel ist sofort mit einem Abstinenzprogramm zu beginnen, um die spätere Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde abwenden zu können.

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