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Die in der Regel zulässige Höchstgeschwindigkeit für LKW außerhalb geschlossener Ortschaften beträgt 60 km/h – zu langsam?
Nach einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid landete die Sache am Amtsgericht Chemnitz. Unser Ziel war es, die Geldbuße wegen nur geringster Fahrlässigkeit auf 55,00 Euro herabgesetzt zu bekommen. Bei Geldbußen unter 60,00 Euro wird kein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen.
Unsere Argumente waren:
- die Strecke ist ausgebaut wie eine Kraftfahrstraße oder Autobahn,
- für PKWs gilt eine höhere Höchstgeschwindigkeit als üblich 100 km/h,
- die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen PKW-Tempo und LKWs ist sehr hoch, was eine Gefahrensituation darstellt,
- die technische Ausrüstung von heutigen modernen LKWs entspricht nicht mehr der Lage zum Zeitpunkt der Einführung der Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h,
- man kann bei schon einfacher Unaufmerksamkeit irrtümlich der Meinung sein, das Kraftfahrstraßenschild übersehen zu haben.
Der Richter ließ sich leider nicht überzeugen und wir haben den Einspruch am Ende zurückgenommen. Gegen die den Bußgeldbescheid bestätigende Entscheidung wäre ein Rechtsmittel nicht zulässig gewesen. Man hätte zwar die Zulassung des Rechtsmittels beantragen können; die Erfolgsaussichten dafür wären aber gering gewesen. Das bestätigt sich jetzt mit Veröffentlichung einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Zweibrücken (OLG) aus Dezember 2022 (Az.: 1 OWi 2 SsRs 109/22).
Das OLG führt aus, dass eine Auslegung, die Vorschrift für die Höchstgeschwindigkeit für LKWs auf Kraftfahrstraßen und Autobahnen (80 km/h) auch auf autobahnähnliche Bundesstraßen anzuwenden, wegen des ausdrücklichen anderslautenden Wortlautes des Gesetzes nicht möglich sei. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Das System der Höchstgeschwindigkeiten in der Straßenverkehrsordnung (StVO) sei ausdifferenziert und ausgewogen, so dass man nicht davon ausgehen könne, dass der Verordnungsgeber Bundesstraßen, die wie Autobahnen aussehen, übersehen haben könnte. Die Besonderheit von Kraftfahrstraßen und Autobahnen liege auch anders als bei Bundesstraßen darin, dass sie nicht von Fahrzeugen benutzt werden dürfen, deren Höchstgeschwindigkeit bauartbedingt unter 60 km/h liegt oder deren Maximalabmessungen ein bestimmtes Maß überschreiten.
Fazit: Die aktuelle Entscheidung des OLG Zweibrücken entspricht der bisherigen Auffassung in der Rechtsprechung, z. B. wie schon vom Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) in einem Beschluss vom 07.06.1999 niedergeschrieben (Az.: 2 ObOWi 247/99). Hin und wieder kommt hier auch die Frage auf, ob der technische Fortschritt der KFZ-Technik es nicht rechtfertigen würde, die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für LKWs außerhalb geschlossener Ortschaften von 60 km/h auf 80 km/h anzuheben, also nicht nur für autobahnähnliche Straßen. Von der Rechtsprechung, das zeigt die neue Entscheidung, wird diese Meinung sicher nicht unterstützt. Verkehrspolitisch wird man vermutlich dafür auch keine ausreichende Lobby finden. Es bleibt an dieser Stelle also alles beim Alten.