Erbrecht
Welche Rechte hat der Miterbe in der Erbengemeinschaft?
2. Vorkaufsrecht des Miterben
Gerade weil die Erbengemeinschaft in gewisser Weise eine Zwangsgemeinschaft ist, in der der Miterbe in der Regel nicht freiwillig Mitglied geworden ist, sollte der Miterbe nicht auf Dauer Mitglied bleiben müssen. Für die anderen Miterben führt der Verkauf eines Erbenanteiles dazu, dass auch eine fremde Person, die einen Erbteil käuflich erworben hat, Mitglied der Erbengemeinschaft werden kann. Um den Miterben aber keine fremde Person als Mitglied der Erbengemeinschaft aufzunötigen, hat der Gesetzgeber den Miterben ein Vorkaufsrecht eingeräumt, § 2034 BGB. Dieses berechtigt die Miterben, in den Kaufvertrag eines Miterben mit der fremden Person einzutreten und den verkauften Erbanteil selbst zu erwerben und dafür zu sorgen, dass der fremde Käufer nicht Mitglied der familiär verbundenen Erbengemeinschaft wird.
3. Gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses
Nach dem Grundsatz des § 2038 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Unter der Verwaltung des Nachlasses versteht das Gesetz die „ordnungsgemäße Verwaltung“ und die zur „Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln“. Die ordnungsgemäße Verwaltung betrifft alle Handlungen, die die Miterben zur Erhaltung, Nutzung oder Vermehrung des Nachlasses vornehmen. Allerdings ist der Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung durchbrochen. Es lassen sich drei Tätigkeitsbereiche unterscheiden, nämlich
- Maßnahmen, die die Miterben nur gemeinschaftlich treffen können;
- Maßnahmen, die die Miterben in ihrer Mehrheit treffen können und
- Maßnahmen, die jeder Miterbe allein, aber mit Wirkung für die Erbengemeinschaft treffen kann.
Nach dem Prinzip der gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses sind in der Erbengemeinschaft grundsätzlich einstimmige Entscheidungen erforderlich. Ausnahmsweise genügt aber auch eine mehrheitliche Entscheidung, wenn es sich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt, §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB. Notmaßnahmen, die keinen Aufschub dulden, bedürfen keiner vorherigen Abstimmung mit den Miterben.
Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört alles, was zweckmäßig ist und dem Interesse aller Miterben entspricht. Wesentliche Veränderungen des Nachlassgegenstandes sind damit regelmäßig nicht gemeint und ausgeschlossen. Nur dann, wenn eine Maßnahme nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, greift der Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit, sodass alle Miterben einstimmig entscheiden müssen.
Zugleich ist jeder Miterbe verpflichtet, an notwendigen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung auch mitzuwirken, § 2038 Abs. 2 BGB. Sollte ein Miterbe der Auffassung sein, dass es sich bei einer konkreten Angelegenheit nicht um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt, hat er die Möglichkeit, eine Mehrheitsentscheidung der anderen Miterben gerichtlich anzufechten. Umgekehrt können Miterben auch nichtmitwirkungswillige Miterben auf Mitwirkung verklagen.
In Ausnahmefällen – Notmaßnahmen s. o. – kann jeder Miterbe allein über einen Nachlassgegenstand entscheiden, wenn eine Maßnahme zur Erhaltung des Nachlasses notwendig erscheint, § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nur absolut notwendige und unaufschiebbare Maßnahmen sind dabei gemeint. Hat etwa ein Sturm das Dach einer Nachlassimmobilie beschädigt und es ist eine Notreparatur durchzuführen und ein Miterbe hat nicht die Zeit, ein Einvernehmen unter Miterben herzustellen, darf er mit Wirkung für die Erbengemeinschaft einen Dachdecker beauftragen, das Dach zu reparieren.
4. Nutzung einzelner Nachlassgegenstände
Jeder Miterbe hat das Recht, einzelne Nachlassgegenstände für eigene Zwecke zu nutzen. Voraussetzung ist jedoch, dass das Mitgebrauchsrecht der anderen Miterben dadurch nicht beeinträchtigt wird, da auch die anderen Erben berechtigt sind, den Nachlassgegenstand für sich in Anspruch zu nehmen. Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich, den Gebrauch untereinander abzusprechen. Das Gebrauchsrecht besteht aber nur insoweit als der Nachlassgegenstand in seiner Substanz nicht beeinträchtigt wird und die Nutzung nicht zulasten des Nachlasses geht.
5. Erträge aus dem Nachlass
Erträge, die die Miterben aus einem Nachlassgegenstand ziehen, gehören in den Nachlass und damit in die gemeinschaftliche Berechtigung der Miterben.
6. Lasten des Nachlasses
Nachlässe sind auch mit Verantwortung verbunden. Lasten und Kosten müssen regelmäßig bezahlt werden. Gehört z. B. eine Immobilie zum Nachlass, ist die Grundsteuer zu zahlen. Diese Kosten des Nachlasses sind zunächst aus dem Nachlass zu bestreiten; gegebenenfalls sind Nachlasswerte dafür auch zu veräußern. Miterben sind allerdings nicht verpflichtet, aus eigenen Mitteln Kosten vorzuschießen.
7. Fazit
Erbengemeinschaften sind von ihrer Natur her konfliktträchtig. Dabei sollte jeder Miterbe wissen, dass er sich nur allzu oft selbst schädigt, wenn er unnötig Konflikte in die Erbengemeinschaft hineinträgt. Nur gemeinschaftliches Handeln ermöglicht die wirtschaftlich zweckmäßige Verwertung des Nachlasses. Hier sollte das Prinzip des gegenseitigen Nehmens und Gebens Beachtung finden, also eine Kompromissbereitschaft bestehen. Wenn Miterben dieses beherzigen, handeln sie in der Regel auch im Sinne des oder der Verstorbenen.
Lesen Sie zu dieser Thematik gern auch unseren Beitrag "Erbengemeinschaften sind Streitgemeinschaften".
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