Auch Radfahrer dürfen nach Flensburg! – Zur Regelung im Bußgeldkatalog

Verkehrsrecht

Seit einiger Zeit, was sich vielleicht schon herumgesprochen haben dürfte, gibt es für Rotlichtverstöße von Radfahrern Punkte in Flensburg.
Der Bußgeldkatalog sieht 45 EUR und einen Punkt im Verkehrszentralregister vor (siehe auch Bußgeldkatalog für Radfahrer unter www.adfc.de). Diese Art von Gleichbehandlung verursacht bei Autofahrern mitunter ein Gefühl von klammheimlicher Freude, auch wenn von dieser Seite durchaus noch die Kontrolldichte bemängelt wird. Doch der folgende Fall stößt wohl selbst bei hartgesottenen Zweiradgegnern auf Unverständnis:

Der Fall:   Man stelle sich einen Zeitungsausträger vor, der seinem frühmorgendlichen – eher nächtlichen – Job mit Fahrrad und Anhänger in Dresden nachgeht. Er nähert sich gegen 04:15 Uhr aus Richtung Reitbahnstraße (Einfahrt Parkhaus Centrum-Galerie) der Kreuzung Budapester Straße. Der Radfahrer ordnet sich vor der auch um 04:00 Uhr ampelgeregelten Kreuzung in die linke Rechtsabbiegerspur ein, fährt dann aber geradeaus in die Marienstraße (Parkplatz Wallstraße/Altmarktgalerie) weiter. Die Ampel war rot. Man hätte von der Reitbahnstraße aus nach rechts abbiegen, dann sich auf der Waisenhausstraße links einordnen, links abbiegen, bei Rot warten, dann wieder links abbiegen in den Dr.-Külz-Ring, dann wieder bei Rot warten und danach rechts abbiegen müssen in die Marienstraße, um dieselbe Stelle auf legalem Weg erreichen zu können. Auch um 04:15 Uhr wäre das der straßenverkehrsordnungsgemäße Weg gewesen. Der Zeitungsausträger wählt um diese Uhrzeit angesichts vermeintlich gähnend leerer Straßen den kürzesten Weg über die rote Ampel und die kurze Einbahnstraße in falscher Richtung und übersieht dabei das einzige Auto weit und breit, nämlich den Streifenwagen, der mit Fahrradgeschwindigkeit in gehörigem Abstand schon etwa seit seinem Passieren der Parkhauseinfahrt Centrum-Galerie hinter ihm gewesen war. Somit landet die Sache beim Amtsgericht Dresden und dort bei der Bußgeldrichterin Sibylle Vollmers.

Die Entscheidung:   Ziel der Verteidigung war, wegen der Uhrzeit und der damit einhergehenden Sonderverkehrslage, ein herabgesetztes Bußgeld von 35 EUR und damit keine Eintragung in Flensburg zu erreichen. Diesen Spielraum hat ein Bußgeldrichter allemal. Das war aber eine Rechnung ohne Richterin Sibylle Vollmers. – Was man denn hier wolle? Der Rotlichtverstoß – von der falsch befahrenen Einbahnstraße und dem Verstoß, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu fahren, sei noch gar nicht die Rede – sei doch vorsätzlich begangen. Das rechtfertige nicht nur ein Bußgeld von 45 EUR, sondern sogar von 200 EUR. Und war da nicht das Wort "Fahrverbot", zwar unausgesprochen, gleichwohl bereits zu hören? Selbst die Dame von der Bußgeldstelle war angesichts derartiger Rigorosität sichtlich überrascht, schien sie doch sogar Verständnis für den Zeitungsausträger aufbringen zu können.

Fazit:   Letztendlich blieb angesichts solcher justitieller Vorstellung, um Schlimmeres zu verhüten, nur der Rückzug über die Rücknahme des Einspruchs. Zum Trost: Auch der Radfahrer, der nachmittags um 16:30 Uhr am Pirnaischen Platz bei Rot abseits vom Radweg auf der PKW-Spur vier rote Ampeln überfährt, bekommt, wenn er denn erwischt wird, nur ein Bußgeld von 45 EUR und einen Punkt. Vor dem Gesetz sind alle gleich! (AG Dresden, Az.: 222 OWi 704 Js 21604/11)

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