Schwächelnde Wirtschaft und hohe regionale Arbeitslosigkeit sind Faktoren, die dem Einzelnen viel abverlangen können. Vom (arbeitslosen) Arbeitnehmer wird beispielsweise Flexibilität und Mobilität erwartet, sonst riskiert er Kürzungen von Sozialleistungen. Nicht Wenige werden aus diesen Gründen zum Pendler und arbeiten in den alten Bundesländern oder gar im Ausland. Die damit verbundenen Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen des Familienlebens, das in ihrem Beisein nur kurz am Wochenende stattfinden kann, müssen in Kauf genommen werden. Dem Pendler drohen aber weitere Gefahren:
Wer aus Dresden gezwungenermaßen wöchentlich in die weite Welt reist und hierfür ökologisch vernünftig den Zug benutzt, riskiert eine nicht unerhebliche Strafgebühr, wenn er seinen PKW in der Nähe des Bahnhofes zunächst rechtmäßig parkt. So hat es unseren Mandanten getroffen.
Am Sonntagabend musste er vom Bahnhof Dresden-Neustadt zu seiner entfernt liegenden Arbeitsstelle abreisen. Den PKW parkte er zulässigerweise in der Dr.-Friedrich-Wolf-Straße in der unmittelbaren Nachbarschaft des Bahnhofes. Am darauf folgenden Freitagnachmittag war der Wagen weg - zwischenzeitlich wurde er am Freitag von der Landeshauptstadt abgeschleppt. Diese hatte am Montag zuvor, also als der Wagen dort bereits geparkt und sein Besitzer in der Ferne zum Arbeiten war, mobile Halteverbotsschilder aufgestellt und damit auf eine Straßenreinigung am Freitag hingewiesen, wovon der Besitzer natürlich keine Kenntnis nehmen konnte.
Die Bediensteten der Stadt waren wohl auch nicht auf die naheliegende Idee gekommen, dass der eine oder andere Wagen in der zu reinigenden Straße vielleicht einem Pendler gehören könnte, der erst zum Wochenende wieder zu seinem Fahrzeug zurückkommen wird. Böswilligkeit ist der Stadt sicher nicht zu unterstellen, auch wenn der Gedanke schnell aufkommt angesichts des Zeitpunktes des Schilderaufstellens – am Montag, als alle Pendler schon weg waren.
Im Verwaltungsgerichtsprozess um die Abschleppkosten verweist die Stadt auf die allgemeine Rechtslage, wonach ein Vorwarnzeitraum von 72 Stunden ausreichen müsse. Spätestens nach diesem Zeitraum treffe auch diejenigen Fahrzeugführer, die nur am ruhenden Verkehr teilnehmen, eine Nachschaupflicht. Wenn sie dieser nicht nachkommen können, etwa wegen auswärtiger Arbeitsstelle, seien sie verpflichtet, jemanden zu beauftragen, nach dem Wagen zu sehen und diesen gegebenenfalls umzusetzen oder von vornherein einen Dauerparkplatz zu benutzen (wo in der Nähe des Bahnhofes findet man eigentlich solch einen Parkplatz?).
Das Verwaltungsgericht Dresden hat sich bereits zu den Erfolgsaussichten der Klage (Az.: 14 K 1904/06) geäußert: „Die geltend gemachten Umstände erfordern keine Abweichung von den üblicherweise zu beachtenden Vorwarnzeiten“. Na dann. Die hiesige mittelständische Abschleppindustrie darf sich freuen. Schilder am Montag oder Dienstag aufstellen, wenn alle Pendler weg sind, und am Donnerstag oder Freitag abschleppen!