Ordnungswidrigkeit – die Sache mit den Punkten

Verkehrsrecht

Gesammelt werden sie in Flensburg. Viele meinen, dass sie schon vorher in den Bußgeldstellen oder Amtsgerichten vergeben werden. Deshalb ist das Angebot von Betroffenen nicht selten, lieber mehr Bußgeld bezahlen zu wollen als mit Punkten bedacht zu werden. Leider ist dieser Weg versperrt. Denn nicht die Bußgeldstelle entscheidet über ihre Vergabe, sondern ausschließlich das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg. Aber wie kommt das Verfahren dorthin?
 

Eintrag von Punkten im Verkehrszentralregister

An sich ist die Antwort einfach: Nach Eintritt der Rechtskraft meldet die maßgebliche Stelle (Bußgeldstelle oder Staatsanwaltschaft) die Tat und ihre Ahndung in Flensburg an. Dort schaut man in Tabellen nach und trägt die sich daraus ergebenden Punkte (bis zu vier für Ordnungswidrigkeiten, ab fünf für Straftaten) im Verkehrszentralregister ein. Das Verhandeln mit Mitarbeitern der Ordnungsbehörde oder mit Richtern über die Punktevergabe ist daher aussichtslos. Entscheidend ist im Bußgeldbereich nur die Höhe der Geldbuße. Bleibt sie unter 40,00 EUR (Verfahrenskosten wie Gebühren und Zustellkosten nicht mitgerechnet), erfolgt in Flensburg keine Eintragung. Das Angebot des Verkehrssünders darf daher nicht sein, mehr Bußgeld zahlen zu wollen, sondern eher weniger. Darauf wird aber wohl kaum ein Gegenüber eingehen wollen. Am Ende zählen dann doch nur juristische und nicht monetäre Argumente.

Bedeutung der Rechtskräftigkeit

Eingetragen wird also nach Eintritt der Rechtskraft. Dessen Datum spielt in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle. Ab dann läuft immer die Tilgungsfrist (nur in Bußgeldsachen, nicht in Strafsachen!). Aber auch besondere erhöhte Risiken knüpfen daran an. Beispielsweise erhält derjenige, der innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft erneut mindestens 26 km/h – gleichgültig ob inner- oder außerorts – zu schnell fährt, ein Regelfahrverbot von einem Monat. Wem dasselbe zwischen Tattag und Rechtskraft der Vortat passiert, muss hingegen nicht mit Fahrverbot rechnen. Unerheblich für diese Regel ist daher der Tattag der Vortat. Auch wenn die erste Übertretung schon mehr als zwei Jahre zurückliegt, zählt nur die Rechtskraft.
 

Tilgungsfristen in Bußgeldsachen

Auch für Tilgungsfristen kommt es zunächst nur auf die Rechtskraft an. In Bußgeldsachen gibt es zwei wichtige Fristen: Nach fünf Jahren (ab Rechtskraft) wird die einzelne Eintragung immer getilgt, auch wenn im Register noch weitere Taten vermerkt sind. Nach zwei Jahren ab der letzten Eintragung wird nicht nur diese getilgt, sondern auch alle davor liegenden (es dürfen aber keine Straftaten oder Fahrerlaubnisentziehungen eingetragen sein; solche Eintragungen führen zu deutlich komplizierteren Regelungen und Tilgungsfristen).
 

Bedeutung von Überliegefristen

Der Blick ins Register ist vor allem wichtig, wenn eine neue Eintragung droht. Dann kommt es plötzlich nicht mehr nur auf die Rechtskraft an, sondern auch noch auf das Tatdatum der neuen Tat. Das hängt mit der sogenannten Überliegefrist zusammen. Mit Ablauf der Tilgungsfrist werden die Eintragungen in Flensburg nämlich nicht vernichtet; man wartet zunächst noch etwas ab. Diese Wartezeit (Überliegefrist) ist vor wenigen Jahren von nur drei Monaten auf jetzt 1 Jahr verlängert worden. Wird dem Kraftfahrtbundesamt in dieser Zeit eine rechtskräftige Tat gemeldet, schaut man sich das dazugehörige Tatdatum an. Liegt es vor dem Ablauf der Tilgungsfrist in Überliegefrist befindlicher Eintragungen, werden diese Eintragungen aus der Überliegefrist wieder in das normale Register übernommen. Punkte, die quasi schon verschwunden waren, werden plötzlich wieder aktuell (gilt aber nicht für die fünfjährige Tilgungsfrist).

Ein Beispiel:
2008 gibt es drei Eintragungen jeweils mit drei Punkten, deren letzte am 24.12.2009 rechtskräftig geworden war. Am 23.12.2010 hatte man im fließenden Verkehr das Handy am Ohr. Dieses Telefonat führt zu einem Bußgeld von 40,00 EUR und zu einem Punkt in Flensburg. Wird dieser Bußgeldbescheid vor dem 24.12.2011 rechtskräftig, werden alle drei Eintragungen aus 2008 aus der Überliegefrist wieder zurück ins normale Register geholt mit der Folge, dass dann dort zehn Punkte eingetragen sind. Schafft man es, die Rechtskraft des Handyverstoßes über den 23.12.2011 hinaus zu verzögern, wird danach vielleicht der eine Punkt eingetragen, am 24.12.2011 werden aber neun alte Punkte endgültig geschreddert.

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