Unfallflucht – der schwierigste oder der einfachste Tatbestand im Strafgesetzbuch?

Verkehrsrecht

Die Meinungen gehen weit auseinander. Im Fall, der dieser Veröffentlichung zugrunde liegt, äußerte sich der Vorsitzende Richter der Berufungskammer am Landgericht Dresden in der Verhandlung jedenfalls sinngemäß so, dass in dem Paragraphen des Strafgesetzbuches doch nur das stehe, was jeder wisse. Danach hat er den Mandanten zu einer Geldstrafe verurteilt. Zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis ist es nur deshalb nicht mehr gekommen, weil die Tat bereits sehr lange zurücklag. Das Oberlandesgericht gab diesem Richter nicht Recht und entschied in letzter Instanz, dass das Verhalten des Mandanten an der Unfallstelle strafrechtlich nicht von Bedeutung ist. Der Mandant ist in dritter Instanz freigesprochen worden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft auf Unfallflucht plädiert, das Amtsgericht entsprechend verurteilt und das Landgericht in der Berufung kein anderes Ergebnis gefunden. Was war hier passiert?

Der Mandant ist Fahrlehrer. Der Unfall passierte auf einer Prüfungsfahrt. Im Fahrschulwagen befand sich eine Schülerin (Fahrerin), ein Prüfer (auf dem Rücksitz) und der Mandant (Beifahrer). Die Schülerin bremste bis zum Stillstand an einer Stelle ab, an der der folgende Fahrer damit nicht gerechnet hatte. Dennoch schaffte er es knapp, sein Fahrzeug dahinter zum Stehen zu bekommen. Eine dritte Fahrerin schaffte das nicht mehr und schob den zweiten PKW noch auf den Fahrschulwagen auf. Unser Mandant stieg aus, sprach mit den beiden anderen Fahrern, gab dem Ersten eine Visitenkarte, der Zweiten einen Zettel von einem Abreißblock mit Werbung seiner Fahrschule. Die anderen beiden Beteiligten wollten die Polizei holen, widersprachen aber dem Mandanten nicht, der sich mit der Begründung, er müsse die nächste Schülerin abholen und den Prüfer vorher zurückfahren, entfernte.
Amtsgericht und Landgericht nahmen hier Unfallflucht des Fahrlehrers an, das Landgericht noch mit der zusätzlichen Begründung, er hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass sein Entfernen von den anderen Beteiligten akzeptiert werde, er habe die anderen auch durch sein „geschäftsmäßiges Auftreten“ überfahren.

Das Oberlandesgericht Dresden stellt aber richtig: Nach der Vorstellung (Angabe der Personalien) gegenüber den anderen Beteiligten besteht keine Verpflichtung, auf das Eintreffen der Polizei zu warten. Anders nur, wenn konkrete Anhaltspunkte (etwa Alkoholisierung) vorliegen, die maßgeblichen Einfluss auf die zivilrechtliche Haftungsquote haben können (Beschluss v. 06.11.07, Az.: 2 Ss 543/07).

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